Druselturm

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Das Dialektwort ''Drusel'' „Gosse, Morast“ geht zurück auf die indogermanische Wurzel *''dreu''- „laufen, trippeln, rinnen“, die im Germanischen unterschiedlich produktiv geworden ist. Mit Dentalerweiterung gehören hierzu z.B. ''treten'', ''trotteln'', engl. ''trade'' „Handel“, mit ''s''-Erweiterung ostfries. ''trüseln'' „taumelnd gehen“, westfäl. ''truseln'' „langsam rollen", mittelhochdt. ''trollen'' (< german. *''truzlon'') „sich in kurzen Schritten fortbewegen". Die Grundbedeutung von ''Drusel'' (< *''Trusel'') ist vermutlich „langsam fließendes Rinnsal“ mit Bedeutungsverschiebung zu „morastiges Rinnsal“, gut geeignet, um auch Rinnsteinbrühe zu bezeichnen.<ref>Das Wort wird – in älterer, weiterer Bedeutung – auch dem Bachnamen ''Drusel'' (älter: ''Trusel'') zugrunde liegen, nicht umgekehrt also. Die Bedeutung des sicherlich sehr alten Bachnamens wäre dann ursprünglich wohl als „langsam rinnender Wasserlauf“ anzunehmen, was im Hinblick auf den Unterlauf der Drusel durchaus verständlich wäre.</ref>  
 
Das Dialektwort ''Drusel'' „Gosse, Morast“ geht zurück auf die indogermanische Wurzel *''dreu''- „laufen, trippeln, rinnen“, die im Germanischen unterschiedlich produktiv geworden ist. Mit Dentalerweiterung gehören hierzu z.B. ''treten'', ''trotteln'', engl. ''trade'' „Handel“, mit ''s''-Erweiterung ostfries. ''trüseln'' „taumelnd gehen“, westfäl. ''truseln'' „langsam rollen", mittelhochdt. ''trollen'' (< german. *''truzlon'') „sich in kurzen Schritten fortbewegen". Die Grundbedeutung von ''Drusel'' (< *''Trusel'') ist vermutlich „langsam fließendes Rinnsal“ mit Bedeutungsverschiebung zu „morastiges Rinnsal“, gut geeignet, um auch Rinnsteinbrühe zu bezeichnen.<ref>Das Wort wird – in älterer, weiterer Bedeutung – auch dem Bachnamen ''Drusel'' (älter: ''Trusel'') zugrunde liegen, nicht umgekehrt also. Die Bedeutung des sicherlich sehr alten Bachnamens wäre dann ursprünglich wohl als „langsam rinnender Wasserlauf“ anzunehmen, was im Hinblick auf den Unterlauf der Drusel durchaus verständlich wäre.</ref>  
Das beim Druselturm über eine schmale, sicherlich hölzerne Rinne in die Stadt geleitete Druselwasser – vgl. [[Stadtpläne von Kassel|Stadtplan von Michael Müller 1547]] – könnte gesammeltes, eventuell durch kleine Quellen (vom Kratzenberg her?) gespeistes Oberflächenwasser gewesen sein, kein eigentlicher Bachlauf. – (Guth.)
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Das beim Druselturm über eine offenbar schmale, sicherlich hölzerne Rinne über den Stadtgraben in die Stadt geleitete Druselwasser – vgl. [[Stadtpläne von Kassel|Stadtplan von Michael Müller 1547]] – könnte aus Quellen im Vorfeld der Stadt stammen. – (Guth.)
  
 
==Quellen==
 
==Quellen==

Version vom 12. Dezember 2012, 09:25 Uhr


Der Druselturm in Kassel.

Blick vom Martinskirchturm zum Druselturm 1915. Gemälde von Ernst Metz 1973. -- E. C. Metz, Stadt und Land im Zauber der Vergangenheit (1976), Tafel 25; hier: Archiv Harald Metz, Bickenbach.
Der Druselturm. Federzeichnung von Georg Zimmer. -- Gustav Wentzell: Lieb Heimatland (1919), S. 63.
Druselturm, 1921. Federzeichnung von Ernst Metz. -- E. Metz, Alt-Cassel (1922), Taf. 15; hier: Archiv Harald Metz, Bickenbach.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

„Der Druselturm […] [ist] als einziger Turm aus der mittelalterlichen Stadtbefestigung im Mauerwerk völlig erhalten geblieben. Er war 1415 erbaut und erhielt seinen Namen von der neben ihm befindlichen ‚Druselpforte’, durch die das für die Stadt lebenswichtige Druselwasser einfloß und den hier gelegenen Feuerteich speiste.“[1] Der zur Verteidigung der Stadt erbaute und innen sicherlich dementsprechend eingerichtete Turm hat nachmittelalterlich bis ins 18. Jahrhundert nur noch als Gefängnis gedient. Die Gefangenen wurden teilweise in einem 15 Fuß tiefen Kellerraum untergebracht, in den sie an Stricken hinuntergelassen werden mußten, teilweise „auch in den darüber befindlichen Räumen […], im ganzen fünf Etagen, die miteinander durch steile Wendeltreppen verbunden“ waren. „Der Druselteich wurde als Strafmittel mit herangezogen; auf demselben wurden die Verurtheilten auf den Schandkörben ausgesetzt bezw. gewippt. […] Nachdem der Druselthurm bis fast zum Ende“ des 18. Jahrhunderts „zur Verwahrung von Gefangenen der verschiedensten Art gedient hatte, wurde er“ im 19. Jahrhundert „zu einem friedlichen Zweck benutzt, indem er nach Anlegung von Feuerheerden gleicher Erde und Schornstein durch alle Etagen von verschiedenen Metzgern zum Räuchern von Fleischwaaren benutzt wurde.“[2] „Mit der Zeit war er gänzlich in den Besitz des Staates gekommen, ging aber 1872 wieder in das Eigentum der Stadt über. In der Nacht zum 10. April 1905 entstand im unteren Raum, wo Kisten, Stroh und Makulatur aufbewahrt wurden, ein Feuer, das das Holzwerk im Inneren und das Dach völlig zerstörte. Der Abbruch des Turmes, der danach zur Beratung stand, wurde mit nur ,einer‘ Stimme Mehrheit abgelehnt. Im Frühjahr 1906 fand die Wiederherstellung des Turmes statt; dabei wurde die ursprüngliche Form des Kegeldaches mit drei Erkern so, wie sie sich übereinstimmend auf alten Stichen darstellt, wieder übernommen. Nach abermaligem Brand im 2. Weltkrieg ist er heute wieder mit einfachem Kegeldach versehen.“[3]

Der Feuerlöschteich, der Druselteich, befand sich an der Stelle des späteren Druselplatzes. Das ausfließende Druselwasser wurde „von hier durch die Druselgasse in einer durch die Mitte der Gasse geführten Rinne“ abgeleitet.[4]

Zum Namen „Druselturm“

Vilmars „Idiotikon von Kurhessen“ (1868)[5] gibt an: „Drusel fem., ist in Althessen, besonders in Niederhessen, die Benennung der in den Straßen der Städte befindlichen Rinnsteine, Goßen. Der Name rührt von dem Flüßchen Druse (Drusel) her, welches durch die Rinnsteine in Kassel geführt wird, um dieselben zu reinigen. Daher wurden die Rinnsteine in Kassel [. . .] Druseln genannt, und dieser Name ist [. . .] auf die Rinnsteine anderer Städte übertragen worden“. Diese (populäre) Erklärung ist keineswegs richtig: Die Drusel floß nicht durchs alte Kassel, sie hätte ja bergauf geleitet werden müssen, sie floß und fließt, aus dem Habichtswald kommend, durch Wehlheiden, von dort unterhalb des Weinbergs entlang und mündet weit vor der Kasseler Altstadt in die Fulda. Weiterhin: Das Wort Drusel ist keineswegs nur städtisch, wie Vilmar angibt, es gibt es auch auf dem Lande. Hofmann[6] gibt für Oberellenbach bei Rotenburg Drusel als Dialektwort mit der Bedeutung „Morast, Sumpf" an. Ein Nebenbach der Mülmisch bei Röhrenfurt heißt Drüsel-Graben. Grassow, der sonst mit Herleitungsideen nicht spart, gibt für das Kasseler Dialektwort Drusel die Bedeutung „Straßengosse, Rinnstein“ an.[7] Mit dem Bachnamen verknüpft er Drusel nicht – aus gutem Grund.

Das Dialektwort Drusel „Gosse, Morast“ geht zurück auf die indogermanische Wurzel *dreu- „laufen, trippeln, rinnen“, die im Germanischen unterschiedlich produktiv geworden ist. Mit Dentalerweiterung gehören hierzu z.B. treten, trotteln, engl. trade „Handel“, mit s-Erweiterung ostfries. trüseln „taumelnd gehen“, westfäl. truseln „langsam rollen", mittelhochdt. trollen (< german. *truzlon) „sich in kurzen Schritten fortbewegen". Die Grundbedeutung von Drusel (< *Trusel) ist vermutlich „langsam fließendes Rinnsal“ mit Bedeutungsverschiebung zu „morastiges Rinnsal“, gut geeignet, um auch Rinnsteinbrühe zu bezeichnen.[8] Das beim Druselturm über eine offenbar schmale, sicherlich hölzerne Rinne über den Stadtgraben in die Stadt geleitete Druselwasser – vgl. Stadtplan von Michael Müller 1547 – könnte aus Quellen im Vorfeld der Stadt stammen. – (Guth.)

Quellen

  • Grassow, August: Wörterbuch der Kasseler Mundart [1894]. Hrsg. u. erweitert v. Paul Heidelbach. Kassel 1952.
  • Hofmann, Fritz: Niederhessisches Wörterbuch. Zusammengestellt auf Grund der Mundart von Oberellenbach, Kreis Rotenburg (Fulda). (= Deutsche Dialektgeographie, Bd. 19. Marburg 1926.
  • Lüttebrandt, Wilhelm: Mäh honn's, mäh kunn's. En bißchen was us vergehnen Zieden. Kassel 1919.
  • Metz, Ernst Christopher: Residenzstadt Cassel. Einführung von Gerhard Seib und Angelika Nold. Kassel 1980. – „Den Bild-Texten liegen die dokumentarschen Ausführungen des Künstlers Ernst Metz zu Grunde.“ (S. 4)
  • v. Schmidt, NN.: Stadt und Festung Kassel im 16. Jahrhundert. Vortrag 1897, in Folgen abgedruckt in Hessenland, hier (unnumerierte) Folge in Nr. 4, 1898, S 44 - 47.
  • Vilmar, August F. C.: Idiotikon von Kurhessen. [Marburg] 1868.

Querverweise

Netzverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Metz 1980, S. 107.
  2. v. Schmidt 1898, S. 45. – Er zitiert ebd. wörtlich – oben teilweise übernommen – aus einer „Schrift über geschichtliche Entwicklung des Gefängnißwesens, besonders in Hessen, von C. Neuber (Kassel, 1887).“
  3. Metz 1980, S. 107.
  4. Lüttebrandt 1919, S. 139. Er fährt fort: „Kehrricht wurde einfach in dies Wasser geworfen, das ihn fortsspülte. Die Jungen ,druselden', d. h. sie suchten mit einem spitzen Holz oder einem Nagel zwischen den Pflastersteinen nach Gegenständen, die aus Versehen mit dem Kehrricht weggeworfen waren. Wer Glück hatte, fand auch Geld. Daher die Bezeichnung aufdruseln, nach langem Suchen finden. ,Wo host de dann das her?' – ,Das honn ich bi so'n Owwenkreebeler' – Ofensetzer – ,uffgedruseld‘.“
  5. Vilmar 1868, S. 79.
  6. Hofmann 1926, S. 80.
  7. Grassow [1894], S. 32.
  8. Das Wort wird – in älterer, weiterer Bedeutung – auch dem Bachnamen Drusel (älter: Trusel) zugrunde liegen, nicht umgekehrt also. Die Bedeutung des sicherlich sehr alten Bachnamens wäre dann ursprünglich wohl als „langsam rinnender Wasserlauf“ anzunehmen, was im Hinblick auf den Unterlauf der Drusel durchaus verständlich wäre.

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