Nordhessische Curiosa III: 18. Jahrhundert

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28. Januar. Hessen-Kasselische Verordnung gegen das Kaffeetrinken, die – wie auch die Schnupftabaksverordnung von 1708 – nicht die gewünschte Wirkung hatte. „Eine Zeitlang aber waren die Leute, besonders in Kassel, mit dieser Kaffeeverordnung und mit den monatlichen Untersuchungen ihrer Küchen durch die Kaffekeßel-Inspectoren geplagt genug.“<ref>Hess. Chronik 1855, S. 127.</ref>
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28. Januar. Hessen-Kasselische Verordnung gegen das Kaffeetrinken, die – wie auch die Schnupftabaksverordnung von 1708 – nicht die gewünschte Wirkung hatte. „Eine Zeitlang aber waren die Leute, besonders in Kassel, mit dieser Kaffeeverordnung und mit den monatlichen Untersuchungen ihrer Küchen durch die Kaffeekeßel-Inspectoren geplagt genug.“<ref>Hess. Chronik 1855, S. 127.</ref>
  
 
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Version vom 9. November 2012, 16:26 Uhr


Inhaltsverzeichnis

Denkwürdigkeiten – Merkwürdigkeiten – Absonderlichkeiten

1700

Im Februar „wurden 11 Tage, vom 19. – 29. Februar, zum Behufe der Einführung des verbeßerten Kalenders übersprungen, so daß auf den 18. Februar gleich der 1. Merz folgte.“[1]

1703

Am 14. August „wurde zur Feier des Geburtstages des Landgrafen Karl, welcher seit der Veränderung des Kalenders […] auf dieses Datum, statt, wie bisher, am 3. August, fiel, eine Illumination der Aue zu Kassel vorgenommen; die vom Schloße nach der Aue führende Brücke stand voll Menschen und brach unter der Last zusammen; Viele ertranken im Wallgraben, unter ihnen auch ein Ehepaar, welches eben an diesem Tage vor drei Jahren getraut worden war, der Regierungssecretar Kuchenbecker und dessen Frau, Eltern des hessischen Historikers [Johann Philipp] Kuchenbecker.“[2]

1708

Am 24. Januar wurde in Hessen-Kassel eine Verordnung erlassen, nach welcher das Tabakschnupfen in der Kirche verboten wurde. Die Verordnung war wirkungslos, es wurde weitergeschnupft.[3]

1723

Am 13. März „starb zu Kassel der Obristlieutenant de Renneville, welcher durch sein Buch histoire de la Bastille den Grund zu dem allgemeinen Verrufe dieses Schloßes legte, so daß dasselbe einen bequemen Vorwand zum Anfange der französischen Revolution abgab. Das Buch des hessischen Obristlieutenants ist nichts weniger als authentisch oder historisch, aber ,es machte die öffentliche Meinung’.“[4]

1729

Am 2. März starb Otto Philipp Zaunschliffer, Professor der Rechte zu Marburg, der zahlreiche Abhandlungen geschrieben hat. Eine davon trägt den Titel „De eo quod justum est circa pulices“, zu deutsch etwa: „Vom Recht der Flöhe“.[5]

1731

Am 31. Oktober „starb […] der hessenkasselische General der Cavallerie George Friedrich von Auerochs, 74 Jahre alt […]. Von seinem Regimente, Auerochs Dragoner (später Prinz Friedrich Dragoner, jetzt zweites Husarenregiment Herzog von Sachsen-Meiningen) rührt hauptsächlich der Ruhm der hessischen Dragoner und der gerechte Stolz der Hessen auf ihre ,alten hessischen Dragoner‘ her. Auerochs Dragoner waren es, die bei Speierbach nicht wankten, welche die Siege bei Höchstädt, Castiglione, Lille, Tournay, Bethüne, Aire im spanischen Successionskriege erfechten halfen, und unter ihrem General Auerochs für das beste Reitergeschwader der ganzen verbündeten Armee galten.“[6]

1742

In diesem Jahre „wurde der um die Aue in Cassel gehende Arm der Fulda abgegraben und die Aue, welche dadurch aufhörte eine Insel zu sein, gegen die Ueberschwemmungen mit Dämmen umgeben.“ [7]

1746

Am 30. Mai „starb der Amtmann zu Battenberg, Johann Christoph Rube, im 81. Jahre, welcher eine Nachkommenschaft von 107 Personen (die Schwiegerkinder mitgerechnet) erlebt hatte. Er war ein frommer Mann und nicht unbegabter Dichter geistlicher Lieder“.[8]

1756

Beginn des Siebenjährigen Kriegs. Siehe hierzu Kriegshandlungen und Kriegsschäden im Siebenjährigen Krieg.

1766

28. Januar. Hessen-Kasselische Verordnung gegen das Kaffeetrinken, die – wie auch die Schnupftabaksverordnung von 1708 – nicht die gewünschte Wirkung hatte. „Eine Zeitlang aber waren die Leute, besonders in Kassel, mit dieser Kaffeeverordnung und mit den monatlichen Untersuchungen ihrer Küchen durch die Kaffeekeßel-Inspectoren geplagt genug.“[9]

1767

21. Dezember. „Anfang der Abtragung der Festungswerke von Kassel.“[10]

1775

Am 15. März „entfloh aus Kassel einer von den mancherlei Taugenichtsen, welche unter der der neuen französischen Cultur geneigten Regierung des Landgrafen Friedrich ihre Rechnung daselbst zu finden suchten und zum Theil wirklich fanden: der Rat Rudolf Erich Raspe aus Hannover, welcher sich mit einem ansehnlichen Theil des unter seiner Aufsicht stehenden fürstlichen Münzkabinets aus dem Staube machte und nach England begab. Dort schrieb er ein vielgelesenes und nachher von Bürger übersetztes Buch: ,die Begebenheiten des Freiherren von Münchhausen‘, wahrscheinlich den meisten [...] wenigstens seinem Inhalte nach als ,Münchhausens Lügen‘ wol bekannt.“[11]

1775

Am 20. Dezember „wurden den Straßen in Kassel durch landesherrliche Verordnung neue Namen beigelegt, welche dieselben auf dem Papier und in den Inschriften an den Ecken bis jetzt, im wirklichen Leben aber niemals geführt haben. Alle Apostel und ganze Scharen von Heiligen, Sanct Paulus und Sanct Petrus, Sanct Jacobus, Sanct Johannes und Sanct Vincentius, Sanct Thomas und Sanct Dionysius, Sanct Lazarus, Sanct Leopold und Sanct Antonius, die heilige Elisabeth, die heilige Dorothea, die heilige Apollonia und die heilige Theresia wurden aufgeboten, aber sie haben allesamt von ihren Straßen nichts wissen wollen, selbst der heilige Martinus nicht, der doch der nächste dazu war. Sanct Paul hat seine Gaße den Pferden und den Schweinen, Sanct Peter den Enten, Sanct Jacob und Sanct Christoph den Ziegen wieder überlaßen, denen sie früher gehörten, Sanct Andreas den Fliegen, Sanct Augustus den Füchsen, die Straße der heiligen Dorothea ist aber nach wie vor die Judengaße geblieben, und so wenig wie diese liebe Heilige die Juden, hat das Kreuz die Lumpen vertreiben können. Herbeicommandieren laßen sich die Heiligen nun einmal nicht.“[12]

1776

6. Mai. „Abfahrt der ersten nach Nordamerika bestimten hessenkasselischen Truppenabteilung von Portsmouth.“[13] (Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg 1776 – 1783.)

1776

12. August. „Ankunft der ersten hessischen, zur Unterstützung der Krone Großbritaniens gegen Subsidiengelder von Hessenkassel nach Nordamerika gesendeten Truppenabteilung in New-York. Auf der Ueberfahrt wurde ein hessischer Capitain, Graf von der Lippe, von dem Leutnant Kleinschmitt im Duell erschoßen.“[14]

1783

Am 19. Dezember „starb zu Marburg der ehemalige Professor der Mathematik daselbst, Johann Konrad Spangenberg, 63 Jahre alt. Vor der Welt galt er für einen Schwärmer und Sonderling […], übrigens einer der frömmsten Männer seiner Zeit in unserm Lande.“ Er stammte aus Homberg. „1741 wurde er Professor und lehrte die Mathematik in Marburg 24 Jahre lang mit dem vorzüglichsten Erfolge. 1765 legte er die Professur nieder, verkaufte sein Haus und sein bewegliches Vermögen, gab die Hälfte den Armen und lebte dafür freilich in den letzten Jahren seines Lebens selbst von Unterstützungen, die er dann wieder mit noch Aermeren theilte. Er war der Tröster der Angefochtenen und Kleingläubigen, lebte übrigens wie ein Einsiedler.“[15]

1784

Am 3. April „starb zu Hannover der aus Kassel gebürtige Rossarzt Kersting. Derselbe hat sich zwar auch in der Rossarzneikunde als Schriftsteller bemerklich gemacht, merkwürdiger ist er jedoch dadurch geworden, daß er, durch den Schlag eines Pferdes blind und taub geworden, während dieses mehrere Jahre dauernden Zustandes der menschlichen Rede sich zugänglich zu machen verstand: er legte einen Metallstab auf seinen Körper (z. B. an den Elnbogen) und ließ auf diesen sprechen; die Schwingungen desselben trugen ihm die Worte wolverständlich zu.“[16]

1785

29. November. „Abschaffung der Tortur in Hessen-Kassel.“[17]

1786

Am 29. September „starb in Kassel Johann Tobias Dick, ein Fenstermacher, Grenadier und daneben Dichter, ein hessisches Beispiel von den zalreichen unbedeutenden Dichtertalenten, welche Gleim begünstigte und rühmte, und deren sich die damalige Dilettantenwelt, wie Casparson u. a. eifrigst annahm. Dick reimte Romanzen zusammen von dem Abenteuer einer Perücke, von den Frühjahrsexercitien der hessischen Truppen, von dem Nordwind, und wünschte sich bescheidentlich nichts, als

daß er am deutschen Helikon
als ein verarmter Musensohn
vielleicht noch einen Platz, den niemand will, erlange;

welcher Wunsch in Erfüllung gegangen ist.“[18]

Quelle

  • Hessische Chronik. Wiederabdruck des in dem „hessischen Volksfreunde“ erschienenen Geschichtskalenders in chronologischer Ordnung. Druck und Verlag von Joh. Aug. Koch. Marburg 1855. – Fotomech. Nachdr. Darmstadt 1993. Vorwort Eckhart G. Franz.
    Franz nimmt als Verfasser der Hessischen Chronik Karl Wilhelm Piderit an; siehe Vorwort. Der tatsächliche Verfasser ist August Vilmar. Horst Hamecher überließ mir in den 90er Jahren in Fotokopie die Titelseite eines Exemplars der Originalausgabe mit einer handschriftlichen Widmung von Johann August Koch: „Zur fr. Erinnerung an den Verleger“, abgezeichnet Marburg 28. 9. 1873. Das Folgeblatt, ebenfalls in Fotokopie vorliegend, enthält die Vorrede von 1854, unterschrieben mit „Der Herausgeber“, nach unserem Verständnis der „Verfasser“. Verleger Koch hat handschriftlich daruntergesetzt: „Verfasser: Vilmar“. Koch als Verleger wußte natürlich, wessen Werk er gedruckt und verlegt hatte. – (W. Guth)

Querverweise

Anmerkungen

  1. Hess. Chronik 1855, S. 93.
  2. Hess. Chronik 1855, S. 95.
  3. Hess. Chronik 1855, S. 97.
  4. Hess. Chronik 1855, S. 102.
  5. Hess. Chronik 1855, S. 106 f.
  6. Hess. Chronik 1855, S. 108.
  7. Hess. Chronik 1855, S. 114.
  8. Hess. Chronik 1855, S. 116 f.
  9. Hess. Chronik 1855, S. 127.
  10. Hess. Chronik 1855, S. 127.
  11. Hess. Chronik 1855, S. 132.
  12. Hess. Chronik 1855, S. 132.
  13. Hess. Chronik 1855, S. 133.
  14. Hess. Chronik 1855, S. 133.
  15. Hess. Chronik 1855, S. 137.
  16. Hess. Chronik 1855, S. 137.
  17. Hess. Chronik 1855, S. 139.
  18. Hess. Chronik 1855, S. 139.

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