Nordhessische Curiosa I: 13. bis 16. Jahrhundert

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Inhaltsverzeichnis

Denkwürdigkeiten – Merkwürdigkeiten – Absonderlichkeiten

1231

Am 19. November „starb die Landgräfin Elisabeth, die Heilige, von Thüringen, zu Marburg, 24 Jahr alt.“[1]

1232

„1232 lag der hessische Landgraf mit seinem Heer vor der mainzischen Stadt Fritzlar und wollte schon abziehen. Da ,lyffen die gemeynen Wybere … uff die mure in der staid, und hingen ere nackenden erße uwer die tzynnen …‘ Die Hessen fühlten sich schmählich verspottet, kehrten um und stürmten die Stadt.“[2]

1233

Am 30. Juli „wurde der bekannte Beichtvater der heiligen Elisabeth, Konrad von Marburg, welcher sich durch Ketzerverfolgung bei dem hohen und niedern Adel der Umgebung verhaßt gemacht hatte, durch den Ritter von Dernbach bei Kappel in der Nähe von Marburg ermordet.“[3]

1244

Am 24. Juni „wurde geboren Heinrich, Prinz von Brabant, Enkel der heiligen Elisabeth und Stammvater des hessischen Fürstenhauses, als solcher genannt Heinrich I. oder Heinrich das Kind, weil er, als er mit seiner Mutter Sophia 1248 nach Hessen kam, erst vier Jahre alt war.“[4]

1367

Am 16. September „erschlug Konrad Spiegel zum Desenberg, ein mannlicher Held zu seinen Handen, mit den Seinigen unter der Altenburg bei Felsberg dreihundert Hersfelder Gewappnete, Reisige und Fußknechte.“[5]

1373

„Landgraf Hermann fügte zu den Einkünften [des St. Martinsstifts] eine Geldrente von 7 Mark aus den Kirchengefällen der Stadt Witzenhausen, wobei der merkwürdige Umstand vorkommt, daß der damalige Pfarrer zu Witzenhausen [...], Burkhardt, sich von Gottes Gnaden Bischof von Grönland und Pfarrer zu Witzenhausen nennt. Ein sehr unfruchtbares Bisthum war dem guten Pfarrer demnach zugefallen und wahrscheinlich hat er wenig Lust gespürt, sein Bisthum mit seiner Gegenwart zu beehren.“[6]

1400

Am 5. Juni „wurde bei Kleinenglis der zum deutschen Könige gewählte Herzog Friedrich von Braunschweig von einem Haufen hessischer Ritter, Friedrich von Hertingshausen und Kunzmann von Falkenberg an der Spitze, ermordet.“ Man glaubte damals, „daß der Erzbischof von Mainz der Anstifter dieser That sei […]. An der Mordstätte wurde ein Kreuz mit einer Inschrift […] errichtet, und dieses Kreuz steht […] noch jetzt. Die Mörder wurden bestraft, d. h. zu einer sehr mäßigen Strafe verurteilt, aber die Strafe ist niemals vollzogen worden. Es gieng damals wie heut zu Tage, oder noch ein wenig schlimmer.“[7]

1410

Am 24. Dezember „überfiel ein wilder Ritter, Fritz Stuffeler, in Gemeinschaft mit zwanzig seiner Genoßen in einer Fehde, welche sie mit Hersfeld hatten, auf einem nahe bei der Stadt gelegenen Walde, die Queste genannt, zwei Hersfelder Knaben, unmündige Kinder, Gerlach Holte und Lotz Meßerschmidt, und die wilden Gesellen ließen sie ihren Haß gegen Hersfeld auf die grausamste Weise entgelten: sie hieben ihnen Hände und Füße ab und hiengen sie alsdann auf. Bei einer abermaligen Raubthat gegen Hersfeld“ im Jahre 1411 „wurde Fritz Stuffeler (Stopfeler, Stoppler, Stöpler) im Zollersgraben vor Hersfeld gefangen und alsbald an den Galgen gehängt.“[8]

1424

8. September. „Heftiger Orkan zwischen dem Rhein und der Weser, welcher die Wälder verwüstete und namentlich in Frankenberg großen Schaden anrichtete.“[9]

1431

Ende des Jahres „stellte sich ein so strenger Winter ein, daß das Eis auf der Werra zwei Ellen stark wurde und viele Menschen und Tiere erfroren.“[10]

1442

Am 24. Januar „wurde Burghaun von dem Grafen Wilhelm von Henneberg erstürmt und Reinhard von Haune, der Besitzer der Burg, nebst dessen Sohn Philipp gefangen genommen – ein Ereignis, welches damals durch Volkslieder besungen wurde. Der alte Haune starb in der Gefangenschaft, der Sohn blieb zehn Jahre ein Gefangener des Grafen von Henneberg. Der Graf Wilhelm von Henneberg aber wurde nicht lange nach der Eroberung von Burghaun von einem wilden Schwein erschlagen.“[11]

Das alte Rathaus am Altmarkt, links: Eingang zum Ratskeller

1443

„Im Juni 1443 gab Landgraf Ludwig eine ,Bewirtung‘ im Kasseler Ratskeller. Er hatte einen Fischzug in der Fulda durchführen lassen. 798 Lachse oder Salmen waren den Fischern ins Netz gegangen [...]. Der Fang war [...] so außergewöhnlich, dass man ihn auf einer Tafel im untersten Stadtkeller ,verewigte‘.“[12]

1449

Am 15. Juni „trat ein heftiger Frost und ,saurer Wind‘ in ganz Hessen ein, welcher nicht allein den Wein, sondern auch Obst und Getreide zerstörte.“[13]

1455

Am 14. April wurde von Landgraf Ludwig I. eine Gerichts- und Polizeiordnung erlassen. Sie enthält unter anderem die Bestimmungen, daß z. B. „bei Nacht niemand ohne Wisch (brennenden Strohwisch) oder Laterne über die Straße gehen durfte, was bis zur Einführung der Straßenbeleuchtung bekanntlich oft sehr streng gehandhabt worden ist, oder daß das Nachtläuten (um 8 oder 9 Uhr) eingeführt ward, welches noch jetzt überall bestehet, damals aber zum Zeichen diente, daß die Bier- und Weinhäuser von den Gästen geräumt werden mußten. Die auf die Vergehen gesetzten Strafen waren streng; z. B. war das Spielen (Bret- und Würfelspiel), nicht allein bei Geldstrafe, sondern auch mit vierwöchiger Verbannung aus der Stadt verboten; ohne Laterne zu gehen, oder über die Weinglocke hinaus im Wirtshause Gäste zu halten, oder als Gast zu sitzen, kostete drei Pfund Heller (60 Schillinge), wer aber des Abends ohne Licht ,in unziemlichen Sachen mit Werfen oder Rufen die Leute zu erferen (erschrecken) und zu wecken, den Leuten ihre Fenster, Thore und Faße zu schlagen oder Wagen umzuwerfen funden wird‘, der soll nicht allein die höchste Geldstrafe zalen, sondern auch vier Wochen aus der Stadt gewiesen, und, kehrt er innerhalb dieses Termins zurück, vier Wochen in Haft gesetzt werden.“[14]

1469

Am 7. Januar zweimalige Eroberung von Borken in der Bruderfehde zwischen Landgraf Ludwig II. von Niederhessen und Landgraf Heinrich III. von Oberhessen: Vormittags eroberte Ludwig die Stadt, nachmittags Heinrich.[15]

1470

Am 8. September brach die Pest in Hessen aus, „welche nach der Erzählung der Chronisten dadurch zum Voraus angedeutet sein sollte, daß um Pfingsten dieses Jahres alle Elstern aus dem Lande flogen (namentlich bei Kassel, Fritzlar, Wildungen) und erst um Mariä Geburt sich in großen Scharen wieder einfanden. Die Seuche […] dauerte zwei Jahre, und wütete am schlimmsten im Jahre 1472, ,also daß auch alle Lieb und Treue darüber erkaltet, die Eheleute einander verlaßen, die Kinder von den Eltern und die Eltern von den Kindern gewichen, daß auch viele Menschen, die noch wohl hätten genesen können, aus Abgang der Wartung elendig umkommen müßen‘.“[16]

1475

Am 28. Juni „Ende der Belagerung der Festung Neuß in der kölnischen Stiftsfehde durch Karl den Kühnen von Burgund. An diesem Tage mußte der Herzog von Burgund vor dem herannahenden kaiserlichen Heere die elfmonatliche Belagerung aufheben, und das kleine Häuflein treuer hessischer Ritter, welches heldenmütig mit Landgraf Hermann, Erzbischof von Cöln, sechs und fünfzig Stürmen des kühnen Belagerers getrotzt hatte, ward frei. Diese siegreich ausziehenden Helden waren Konrad von Waldenstein, Neidhart von Buchenau, Johann Hück, Henne von Biedenfeld, Appel von Grüsen, Ludwig Diede, Geise Hund, Konrad und Heinz von Eschwege Gebrüder, Kurt Noding, Diemar und Philipp von Wildungen Gebrüder, Henne von Schönstädt, Henne Windolt, Hermann von Romrod, Erhard Hake, Valentin von Dernbach, Harterad von Eilshausen, Hermann von Hundelshausen. […] Eben so wenig aber sollen auch die zwölf Helden vergeßen werden, ,welche Leid mit Landgraf Hermann litten, todt und lebendig bei ihm haben ausharren wollen und bei ihrem Herrn zu Neuß mit Ehren todt geblieben sind‘: Thilo von Falkenberg, Friedrich von Urff, Dieterich von Elben, Claus Trott zu Solz, Dietrich und Friedrich Scheurnschloß Gevettern, George von Grifte, der starke und männliche Johann Blieber, der ehrenfeste Johann von Eschwege, Adolf von Biedenfeld, Strebkatz, und Spiegel, der stolze Meisner.[17]

1496

Landgraf Wilhelm II. der Mittlere verlobt sich mit der schönen, tugendsamen Jolantha, einem „Wunder der Zeit“, Tochter des Herzogs Friedrich von Lothringen. Beide wünschten sich insgeheim zu sehen, ehe ein Ehevertrag ausgehandelt wurde. So kam Wilhelm, als Geistlicher verkleidet, nach Nancy.[18]

1497

Am 12. November heiratet Landgraf Wilhelm II. der Mittlere Jolantha von Lothringen. Das „Beylager (wird) zu Cassel mit großem Pracht gehalten.“ Götz von Berlichingen nimmt als Knappe des Markgrafen von Ansbach an den Feierlichkeiten teil, gerät in Streit mit einem „Trummeter“, den er als Raufbold beschreibt. Er erhält eine Wunde am Kopf, „wol eines Fingers lang“. Der Gegner „entlaufft“. Götz sucht ihn ohne Erfolg, denn da war „ganz Dussel und Nacht“. Wegen der Wunde konnte er seinen Eisenhut zunächst nicht mehr tragen. Aber er rüstete sich den Eisenhut so zu, daß er nach nach einigen Tagen von Kassel abreisen konnte.[19]

1502

„Im Jahre 1502 sah Cassel eine ... Feierlichkeit, welche nie wiedergekehrt ist und wahrscheinlich nicht wiederkehren wird, den pomphaften Einzug eines päpstlichen Legaten, des Cardinals Raimund Pagarendi. Er kam mit 70 Pferden; ... Statt aber, wie der Landgraf wünschte, die grundverdorbenen Klöster zu reformieren, trieb seine Eminenz einen schmählichen Handel mit Ablaß, ohne zu begreifen,das schon viele tausende über solchen Handel den Kopf schüttelten.“[20]

1509

Am 11. Juli „starb Landgraf Wilhelm II., Vater Philipps des Großmütigen, 41 Jahr alt, an der damals neuen und mit furchtbarer Wut auftretenden Krankheit der Siphilis.“[21]

1516

26. März. „Plünderung der mainzischen um Amöneburg gelegenen Dörfer durch die Reiterhaufen des damals dort auf einen Raub an mainzischen Geldtransporten lauernden Ritters Gottfried [Götz] von Berlichingen.“[22]

1524

Heidelberg, Sonntag Erasmi: Bei einem „Gesellenschießen mit der Armbrust“ kam es zu einer Übereinkunft unter mehreren deutschen Fürsten, darunter Landgraf Philipp von Hessen, zur „Besserung der Sitten an den fürstlichen Höfen und unter den höheren Ständen“: „Jeder von ihnen ... solle in eigener Person sich alles Gotteslästerns und alles Zutrinkens zu ganz oder halb völlig enthalten, jeder solle es auch seinen ... Unterthanen verbieten. ... Wenn aber einer der Fürsten in die Niederlande, nach Sachsen, in die Mark, nach Mecklenburg, Pommern oder andere Lande käme, wo zu Trinken Gewohnheit ist, und sich dort bei aller Weigerung des Trinkens nicht erwehren möchte, so solle er dann mit seinem Hofgesinde und seinen Dienern an diese Ordnung nicht gebunden sein. ... Bei Kurfürsten und Fürsten, welche Frauenzimmer am Hofe haben, solle man nicht mehr, wie bisher geschehen, Ringe an sie vergeben.“[23]

1540

Am 4. Oktober „starb der berühmteste lateinische Poet seiner Zeit, ein Repräsentant der klassischen Bildung jener Periode, freilich auch ein Repräsentant der unmäßigen Trunksucht der damaligen Gelehrten, lange Zeit hindurch der gelehrte Stolz Hessens: Helius Eobanus Hessus, Professor zu Marburg, 52 Jahr alt.“[24]

1551

Am 12. Juli „wurde eine von den hessische Verordnungen gegeben, welche zum Inhalt haben, daß die bisherigen Verordnungen befolgt werden sollten.“[25]

1552

10. Januar. „Große Waßerflut in Marburg, Kassel und an andern Orten. In Marburg erreichte die Lahn den höchsten Stand, von dem man weiß, riß die Weidenhäuser Brücke weg, und verschlang in dem Einsturze der Brücke 24 Menschenleben.“[26]

1552

„Den 11. September 1552, auf einen Sonntag, zog der Landgraf Philipp, aus seiner Gefangenschaft zu Mecheln befreit, in seinem lieben Kassel wieder ein. Darüber lautet der Bericht eines Chronisten: ... Als ihn seine Herrn Söhne am Rhein empfangen, ist ein solch´ Weinen gewesen auch noch im Fortreiten, daß die Kammerdiener je zuweilen reine und trockene Schnupftücher geben mußten.”[27]

1557

Marburg, 7. Juli. Landgraf Wilhelm IV. schreibt im Zusammenhang mit Arbeiten am Kasseler Schloß und Unstimmigkeiten bei den Abrechnungen an die Räte und lieben Getreuen zu Kassel: „... und were unsere Meinung, das ir von stund an Andresen von Landau sampt allen solchen steinmetzen, welche so ungehorsam und mutwillig abgelaufen sein, in die eisen schlagen und in den eisen arbeiten lisset. Wolten sies nicht mit willen thun, das dan meister Mathes mit einer geisseln hinder sie stunde und sie vorttriebe, daß inen das blut den rucken herraber liffe, wie man den schiffknechten uf den galeen pflegt zu thun.”[28]

1558

8. Juli. „Aelteste hessische Verordnung wider das Branntweintrinken.“[29]

1560

Der Kasseler Bürger Paul Gnies hatte halbfertiges Bier aus dem städtischen Brauhaus in seinem Keller zum Durchgären gelagert. Seine Hausgehilfin, eine Verwandte, die einen Tag nach der Einlagerung nach dem Bier sehen sollte, erstickte in den beim Gären freigesetzten Gasen. Das Töchterchen des Ehepaares Gnies, das mit in den Keller gelaufen war, konnte noch nach der Mutter rufen, erstickte aber ebenfalls. So ging es auch der Mutter, die, bevor sie ohnmächtig wurde, noch nach ihrem Mann rufen konnte. Der herbeieilende Paul Gnies erstickte ebenfalls. – Alle vier wurden in einem gemeinsamen Grab bestattet.[30]

1561

Landgraf Philipp von Hessen schreibt an Herzog Christoph von Württemberg: „Es ist ein Geschrei an uns gelangt, daß unsere drei Söhne Wilhelm, Ludwig und Philipp sollten sich in Unzucht mit etlichen Weibspersonen geben, auch der Leute Töchter zu ihnen reizen und ihnen hernach mit Gewalt unehrliche Dinge tun,“ auch „bei nächtlichen Weile in die Stadt gassieren“ gehen. Er habe sie zur Rede gestellt. Die Ausschweifungen läugneten sie nicht, wohl aber „verneinten sie aufs höchste, daß sie mit Gewalt mit der leute Töchtern unzüchtig gehandelt.“ Der Herzog möge, bat der Landgraf, seinen Sohn Ludwig an den Hof nehmen und ihn zur Gottesfurcht ziehen: er sei „ein treuer, frommer junger Mensch und ein guter Waidmann,[...] er trinkt auch sehr gern sich voll, welches ihm aber nicht gut ist.“[31]

1567

In diesem Jahre „ereignete sich in Binsförth bei Spangenberg einer von den merkwürdigsten Fällen des Wiedererwachens vom Scheintode, welcher dazumal ein unglaubliches Aufsehen machte. An der damals herschenden Seuche („Pestilenz“) starb der neunzehnjährige Bauernbursche Kunz Strawe; nachdem er 24 Stunden für todt gelegen und der vermeintliche todtstarre und kalte Leichnam zum Begräbnis angekleidet werden sollte, erwachte er zu neuem Leben. Seine Seele war aber offenbar während dieser Zeit in einem fremden Lebensgebiete gewesen und hatte Eindrücke empfangen, welche der, bei vollem Leben wo nicht stumpfe, doch sehr nüchterne Jüngling aus dem Kreiße seiner bisherigen Anschauungen nicht entnommen haben konnte.“[32]

1567

Am 6. Oktober „starb Adolf Wilhelm von Döringenberg, ein geistig lebendiger und für die geistigen Interessen sehr empfänglicher und thätiger Mann, ein Gönner des Pfarrers Burkhard Waldis zu Abterode […], der ihm seinen überarbeiteten Theuerdank widmete, übrigens auch ein Freund und Beförderer lustiger und toller Streiche […] und ein nur allzu guter Freund des Weines. Wegen seines übermäßigen Trinkens hatte ihm der Landgraf Philipp das Weintrinken ganz verboten; da nahm er eine Hand voll geschälter Gerste, warf sie in einen mächtigen Topf, goß diesen voll Wein und aß denselben als eine Weinsuppe, die zu eßen ihm ja nicht verboten sei, mit dem Löffel aus. Der lustige Weinfreund erreichte übrigens nur das Alter von 42 Jahren.“[33]

1568

„Seit 1568 baute Landgraf Wilhelm IV. als einer der ersten in Deutschland versuchsweise im Botanischen Garten“ in Kassel Kartoffeln an. Am 10. März 1591 schickt er eine Probe der Kartoffeln dem Kurfürsten Christian von Sachsen zu und schreibt dazu, er überschicke ihm „Under andern ein gewechse so wir Vor wenig Jahren aus Italia becommen, Undt Taratouphli genandt wird.“[34]

1572

Im „Verzeichnis allerlei essen“, das Landgraf Wilhelm der Weise unter dem Datum vom 1. März 1572 aufstellen ließ, wird unter anderem der „Nonnenfurtz“ aufgeführt. Es handelt sich dabei um ein Spaltgebäck, das früher und auch anderswo als „Nunnpfurten“ belegt ist. Die aus den zweideutigen „Nonnenpforten“ umgedeuteten, aber nicht weniger anstößigen „Nonnenfürze“ sind später in „Nonnenseufzer“ umbenannt worden (17. Jh.)[35]

1583

Landgraf Wilhelm befahl seinem Küchenmeister, der die Fässer mit „Schlackenwein“ abholen lassen sollte, ehe es fröre: „... sonderlich sollst du einen treuen Bender dabei ordnen, der da zusehe, daß sie uns nit ausgesoffen, und mit Wasser, wie im vorigen Jahre geschehen, gefüllt werden.“[36]

1589

Prinzessin Anna Maria, Tochter Landgraf Wilhelms des Weisen, wird in Kassel mit Graf Ludwig von Nassau vermählt. Über Bremen und Amsterdam werden bezogen für fast 400 Taler französische und spanische Weine, Spezereien (Ingwer, Pomeranzen, Muscatnuss, aragonischer Safran, Oliven, Limonen, Datteln und Zuckergebackenes mit Kannehl, Pomeranzen, Näglein, Mandeln und Marmelade), Früchte und Backwerk. Auch englische Bücklinge und italienisches eingemachtes Fischwerk für allein 296 Taler wurden für die Hochzeit bezogen.[37]

1593

Am 20. August „wurde zu Kassel Friedrich von Baumbach von Heidenreich von Boineburg in fröhlicher Gesellschaft und in Folge eines Scherzes, der in Zank ausartete, erstochen. Der Erstochene war der Bruder des Hofmeisters zu Marburg, Philipp Ludwig von Baumbach, welcher durch sein Verhältnis zu der Landgräfin Marie bekannt geworden ist […].“[38]

1598

Am 9. Juni „ereignete sich in Nentershausen eine von den wilden Todschlagsscenen, welche unter dem Landadel damals häufig vorkamen, und zwar häufiger als im sogenannten Mittelalter, wo der Landadel weniger roh und rauflustig war, als seit dem 14. Jahrhundert: aus einem freundschaftlichen Zusammensein mehrerer Edelleute auf dem Baumbachischen Hofe zu Nentershausen entwickelte sich ein Zank, der alsbald in einen Kampf mit Dolchen, Rappieren und Büchsen ausschlug und damit endete, daß Heinrich von Baumbach und Friedrich Trott zu Solz erschoßen wurden.“[39]

Quellen

  • Hessenland 1894: Aus alter und neuer Zeit. Berichtet von S. in: Hessenland, Zeitschrift für hessische Geschichte und Literatur, 17. September 1894, S. 246.
  • Hessische Chronik. Wiederabdruck des in dem „hessischen Volksfreunde“ erschienenen Geschichtskalenders in chronologischer Ordnung. Druck und Verlag von Joh. Aug. Koch. Marburg 1855. – Fotomech. Nachdr. Darmstadt 1993. Vorwort Eckhart G. Franz. – Franz nimmt als Verfasser der Hessischen Chronik Karl Wilhelm Piderit an; siehe Vorwort. Der tatsächliche Verfasser ist August Vilmar. Horst Hamecher überließ mir in den 90er Jahren in Fotokopie die Titelseite eines Exemplars der Originalausgabe mit einer handschriftlichen Widmung von Johann August Koch: „Zur fr. Erinnerung an den Verleger“, abgezeichnet Marburg 28. 9. 1873. Das Folgeblatt, ebenfalls in Fotokopie vorliegend, enthält die Vorrede von 1854, unterschrieben mit „Der Herausgeber“, nach unserem Verständnis der „Verfasser“. Verleger Koch hat handschriftlich daruntergesetzt: „Verfasser: Vilmar“. Koch als Verleger wußte natürlich, wessen Werk er gedruckt und verlegt hatte. – (W. Guth)
  • Hessisches Hausbuch. Geschichten und Gedichte, Lieder, Bilder und Berichte aus dem alten Hessen. Hrsg. v. Diethard H. Klein. Husum 1996.
  • Hermsdorff, Wolfgang: Kasseler Familie im Bierkeller erstickt. In: Ein Blick zurück Nr. 1327, Hess. Allgemeine v. 5. 5. 1990.
  • Jansen, Johannes: Culturzustände des deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters bis zum Beginn des dreißigjährigen Krieges. 4. Buch. Freiburg i. Breisgau 1894.
  • Keim, Heinrich: Nordhessen kulinarisch. Gudensberg 2004.
  • Knetsch, Carl: Zur Baugeschichte des alten Casseler Landgrafenschlosses. In: ZHG, Bd. 40, NF Bd. 30, 1907, S. 310 – 342.
  • Piderit, F. C. Ph.: Geschichte der Haupt= und Residenzstadt Cassel. In erweit. 2. Aufl. hrsg. v. Jacob Christoph Carl Hoffmeister. Kassel 1882.
  • Rommel, Christoph v.: Geschichte von Hessen. Mehrere Bde., 19. Jh.
  • Voigt, Johannes: Fürstenleben und Fürstensitte im sechzehnten Jahrhundert. In: Friedrich von Raumer: Historisches Taschenbuch, 6. Jg. Leipzig 1835. S. 266 ff.

Querverweise

Anmerkungen

  1. Hess. Chronik 1855, S. 5.
  2. Keim 1986, S. 98 (nach dem Chronisten Wigand Gerstenberg).
  3. Hess. Chronik 1855, S. 5.
  4. Hess. Chronik 1855, S. 5.
  5. Hess. Chronik 1855, S. 9.
  6. Piderit S. 88.
  7. Hess. Chronik 1855, S. 11.
  8. Hess. Chronik 1855, S. 12.
  9. Hess. Chronik 1855, S. 13.
  10. Zeitschr. des Vereins f. hess. Geschichte u. Landeskunde; zit. nach Hess. Hausbuch 1996, S. 365.
  11. Hess. Chronik 1855, S. 15 f.
  12. Keim 2004, S. 35. „1865 befand sich die Tafel noch im ,Materiallager’ der Stadt und ging im Laufe der Zeit verloren.“ (Keim, ebd.)
  13. Hess. Chronik 1855, S. 16.
  14. Hess. Chronik 1855, S. 17.
  15. Hess. Chronik 1855, S. 20.
  16. Hess. Chronik 1855, S. 20.
  17. Hess. Chronik 1855, S. 21.
  18. Piderit S. 76; nach Christoph Rommel, Geschichte von Hessen, 3. Teil, 1. Abteil. Kassel 1827. S. 113–114.
  19. Piderit S. 76; nach Christoph Rommel, Geschichte von Hessen, 3. Teil, 1. Abteil. Kassel 1827. S. 113–114. Darin verwendet: „Lebens-Beschreibung Herrn Gözens von Berlichingen ... Worinnen derselbe ... alle seine ... That=Handlungen ... aufrichtig erzehlet“. Zum Druck befördert von Verono Franck von Steigerwald. Nürnberg 1731. S. 31–33.
  20. Piderit, S. 76.
  21. Hess. Chronik 1855, S. 26.
  22. Hess. Chronik 1855, S. 27.
  23. Voigt, S. 266 ff. - Zugestimmt haben der Vereinbarung: Pfalzgraf Ludwig vom Rhein, Herzog von Baiern, Pfalzgraf Friedrich, Herzog von Baiern, Pfalzgraf Wilhelm, Herzog in Ober- und Niederbaiern.
  24. Hess. Chronik 1855, S. 31.
  25. Hess. Chronik 1855, S. 34.
  26. Hess. Chronik 1855, S. 34.
  27. Hessenland 1894, S. 246.
  28. Knetsch S. 335.
  29. Hess. Chronik 1855, S. 36.
  30. Hermsdorff 1990.
  31. Jansen, S. 163, 164.
  32. Hess. Chronik 1855, S. 40.
  33. Hess. Chronik 1855, S. 40.
  34. Keim 1986, S. 26.
  35. Keim 2004, S. 90.
  36. Rommel, Bd. V, S. 719, Anm. 221. – Textstelle an KasselWiki übermittelt von Heinrich Keim, der die Gelegenheit nutzte, die Regel der Hainer Fuhrleute mitzuteilen: “Unten abzapfen, oben zugießen.”
  37. Rommel, Bd. V, S. 721.
  38. Hess. Chronik 1855, S. 48.
  39. Hess. Chronik 1855, S. 50.

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