Nordhessische Curiosa II: 17. Jahrhundert

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Inhaltsverzeichnis

Denkwürdigkeiten – Merkwürdigkeiten – Absonderlichkeiten

1600

22. September. „Abreise der persischen Gesandtschaft aus Kassel“, die am 14. September „daselbst angekommen war. Abgeordnet war sie von dem Schach Abbas von Persien, um den Kaiser und die deutschen Fürsten zu einem Bündnis gegen den [türkischen] Sultan Mahmud zu vermögen. Lange Zeit hindurch (und zum Theil noch jetzt) wurde dieses Ereignis als ein Glanzpunkt in der Regierung des gelehrten Landgrafen Moritz angesehen.“[1]

1601

14. Dezember. „Stiftung des Mäßigkeitsvereins des Landgrafen Moritz“, dessen Bemühungen allerdings ohne große Wirkung blieben.[2]

1604

6. August. „Heftiger Tumult in Marburg wegen Einführung der Verbeßerungspunkte: die Tumultuanten drangen in die Stadtkirche und mishandelten die dort functionierenden von Landgraf Moritz eingesetzten Pfarrer.“[3]

1612

Am 27. Juni „starb der Superintendent Johannes Strack zu Kassel. Vorher war er Pfarrer zu Schröck […] und Bauerbach bei Marburg, welche Dörfer dazumal evangelisch waren, und es begegnete ihm das bekannte Ereigniß, daß ihm zu Bauerbach am Palmsonntag beim Abendmal Eßig statt des Weins untergeschoben worden, und er den Eßig, ohne es zu merken, den Communicanten reichte, weshalb denn, wie die fabelhafte Sage hinzufügt, Bauerbach sich wieder zur katholischen Kirche zurück gewandt habe. So viel ist unzweifelhaft, daß die Rückkehr der Dorfschaft Bauerbach zur katholischen Kirche mit dem Eßig des Bauern Weintraut zu Bauerbach nichts zu schaffen hat, sondern auf ganz andern Gründen beruht.“[4]

1613

Am 22. September „erließ Landgraf Moritz eine Verordnung, wie sie damals noch selten waren: über das Reinhalten der Straßen in Kassel, welche den Grund zu der nachher so hoch gerühmten Sauberkeit, durch welche sich die Straßen von Kassel von denen der meisten Städte Deutschlands auszeichneten, gelegt hat.“[5]

1615

Am 29. April „Ermordung des Hofmarschalls Friedrich Balthasar von Hertingshausen durch den Hofjunker Rudolf von Eckartsberg auf dem Marställer Platze zu Kassel.“ Eckartsberg wurde am 1. Mai auf dem Marställer Platz hingerichtet. „Die Hinrichtung war wol verdient, wenn gleich nicht die Verschärfung der Todesstrafe, weil man aber in derselben eine Rache des Landgrafen Moritz zu sehen glaubte, (der Landgraf sah, was er wol nicht hätte thun sollen, der Hinrichtung zu) so nahm die Welt […] für den Mörder Partei.“[6]

1617

Am 7. August erschoß sich in Hersfeld der an Blattern erkrankte Erbprinz Otto, ältester Sohn von Landgraf Moritz und Administrator von Hersfeld, wie erzählt wird, „aus Unvorsichtigkeit, indem er einen heulenden Hund todtschießen wollte.“[7]

1623

Am 13. Januar „wurden von Landgraf Moritz seine Räte Friedrich von Scholley und Wilhelm Burghard Sixtinus und Liborius Sartorius nach einem heftigen Meinungsstreit Abends bei der bittersten Winterkälte aus den Thoren von Kassel gejagt.“[8]

1626

Erste Nachrichten, daß die Landgrafschaft Hessen-Kassel von Kriegsereignissen heimgesucht wurde. – Ausführlich dazu: Dreißigjähriger Krieg.

1628

Im Bürgerbuch der Stadt Kassel wird 1628 „ein Bäcker als ,Affenfotzenbäcker‘ bezeichnet.“ Er backte ein in Kassel beliebtes Spaltgebäck, das sonst als „Hornaffe“ bekannt ist, in Fulda bereits 1342 als „Hornaff“ erwähnt wird und 1572 im „Speisenverzeichnis des Kasseler Hofes [...] mit einiger Zurückhaltung“ als „Affenmohn“ aufgeführt wird.[9]

1640

5. Januar. „Große Waßerflut in Kassel; eine der größten, von denen man weiß.“[10]

1640

Am 14. November „starb Prinz Christian, Sohn des Landgrafen Moritz, 18 Jahr alt, zu Bückeburg, in Folge des berüchtigten Trinkgelages, welches der schwedische General Baner am 28. Oktober gegeben hatte, und welches ihm selbst den Tod brachte.“[11]

1643

4. Januar. „Große Waßerflut in Marburg, die höchste des Jahrhunderts, einen Schuh höher als die von 1614, fast der von 1552 gleich; sie zerstörte die Küster- oder Papiermühle zum größten Theile und nahm am Wehr ein ganzes Brauhaus samt Keßel und Brauzeug mit sich fort.“[12]

1647

Am 18. Dezember „richtete der das Marburger Schloß vertheidigende hessen-kasselsche Obrist Stauf einige schwere Stückschüße auf das ihm verkundschaftete, am s. g. Grien befindliche, Quartier des belagernden kaiserlichen Feldherrn, Peter Melander, Grafen von Holzapfel, während derselbe eben an der Tafel saß. Durch diese Schüße wurde Holzapfel, sowie der Markgraf von Baden im Gesicht verwundet und der Schildwache des Tafelzimmers der Kopf abgeschlagen, Melander auch zur Aufhebung der Belagerung vermocht. Dieser Schuß hat fast zwei Jahrhunderte zu den bekanntesten hessischen Denkwürdigkeiten des dreißigjährigen Krieges gehört; so lange das Griener Thor in Marburg stand, wurde die durch jenen Schuß herausgeschlagene Ecke jedem Kinde gezeigt, und eine von den Kugeln, welche in Melanders Zimmer gefahren waren, war noch vor wenigen Jahren in dem, freilich umgebauten Hause (des Regierungsdirectors Hast) vorhanden.“[13]

1653

Am 22. September „wurde in Cassel eine Diebin, welche aus dem Hause des Gefangenwärters Abends um 10 Uhr über die Rennbahn durch den Schloßgraben entwischen wollte, von einem blinden Bären, der in dem Schloßgraben gehalten wurde, zerrißen.“[14]

1657

28. März. „Entstehung einer warmen Quelle in dem Dorfe Dörnhagen bei Kassel, welche großen Zulauf von Kranken hatte, und große Heilkraft bewies, aber schon im Sommer desselben Jahres wieder für immer versiegte.“[15]

1659

Am 26. Juli „kam das letzte Beispiel einer Wegelagerung in Hessen vor, welche freilich damals mit Recht nur für einen gemeinen Straßenraub geachtet und als solcher bestraft wurde. Der Fall trug sich zwischen Helsa und Rommerode zu; die Wegelagerer waren ein hessischer in hannöverischen Kriegsdiensten stehender Edelmann in Gesellschaft zweier nicht hessischer Edelleute; der Raub betraf einen Juden. Der hessische Wegelagerer starb übrigens, wenn er auch für dieß Vergehen mit genauer Not dem Tod durch Henkershand entgieng, doch eines gewaltsamen Todes: er wurde, wenn gleich erst 30 Jahre später, von einem niederstürzenden Baume erschlagen.“[16]

1660

Am 30. Juni „wurde in Kassel ein Sodomit, ein Kuhhirt aus Ehlen, samt der Kuh durch Feuer hingerichtet.“[17]

1664

Am 24. Juni wurde der aus Dörnberg stammende, in Kirchberg ansässige Georg H., der 33 Kirchberger Einwohner öffentlich der Zauberei und Hexerei bezichtigt hatte, vom Peinlichen Halsgericht zu Gudensberg wegen Verleumdung zu einer Geldstrafe verurteilt, die, da der Verurteilte kein Vermögen besaß, in ein Jahr Zwangsarbeit umgewandelt wurde, die er am „fürstlichen Wall“ ableisten mußte, d. h. an den Befestigungsanlagen von Kassel.[18]

1668

28. Mai. „Tumult in Kassel, welcher ,beinahe zu einem Blutbad geführt hätte‘. Einige hessische Reiter hatten sich, wie es scheint als Deserteure, unter den Schutz des Magistrats zu Kassel begeben, und dieser verweigerte die Auslieferung der Schuldigen. Da besetzte der noch aus dem dreißigjährigen Kriege als tapferer Befehlshaber bekannte und gefürchtete General Rabenhaupt das Rathaus, trat in Begleitung des Obersten Motz und des Lieutnants Schäfer in das Sessionszimmer des Magistrat und forderte mit gezogenem Degen von dem Bürgermeister (Samuel Bourdon) die Auslieferung der Reiter. Die Kasseler Bürgerschaft strömte herbei, ihrem Magistrat zu Hülfe, doch wurde durch Einschreiten der Landgräfin und Regentin, Hedwig Sophie, die Sache ,vermittelt‘, d. h. die Reiter wurden ausgeliefert und die Ratsglieder erhielten dafür das Recht, Degen zu tragen.“[19]

1682

15. Januar. „Große Waßerflut in Kassel, fast so groß wie die von 1640.“[20]

1683

14. Juli bis 12. September Belagerung von Wien durch die Türken. Am 13. September „kam Landgraf Karl von Hessen-Kassel vor Wien an, wohin er um gegen die belagernden Türken Hülfe zu leisten geeilt war; er fand jedoch Wien bereits (Tags vorher) durch den König von Polen, Johann Sobieski, entsetzt.“ [21]

Quelle

  • Guth, Werner: Einwohner- und Familienbuch Kirchberg 1350 bis 1900. Niedenstein 1996.
  • Hessische Chronik. Wiederabdruck des in dem „hessischen Volksfreunde“ erschienenen Geschichtskalenders in chronologischer Ordnung. Druck und Verlag von Joh. Aug. Koch. Marburg 1855. – Fotomech. Nachdr. Darmstadt 1993. Vorwort Eckhart G. Franz.
    Franz nimmt als Verfasser der Hessischen Chronik Karl Wilhelm Piderit an; siehe Vorwort. Der tatsächliche Verfasser ist August Vilmar. Sie dazu Curiosa I, „Quellen“.

Querverweise

Anmerkungen

  1. Hess. Chronik 1855, S. 51 f.
  2. Hess. Chronik 1855, S. 52.
  3. Hess. Chronik 1855, S. 51 f.
  4. Hess. Chronik 1855, S. 56 f.
  5. Hess. Chronik 1855, S. 57.
  6. Hess. Chronik 1855, S. 57.
  7. Hess. Chronik 1855, S. 58.
  8. Hess. Chronik 1855, S. 60.
  9. Keim 2004, S. 56 f.
  10. Hess. Chronik 1855, S. 70.
  11. Hess. Chronik 1855, S. 70.
  12. Hess. Chronik 1855, S. 71.
  13. Hess. Chronik 1855, S. 73 f.
  14. Hess. Chronik 1855, S. 77.
  15. Hess. Chronik 1855, S. 79.
  16. Hess. Chronik 1855, S. 81.
  17. Hess. Chronik 1855, S. 81.
  18. Guth 1996, S. 187.
  19. Hess. Chronik 1855, S. 84.
  20. Hess. Chronik 1855, S. 89.
  21. Hess. Chronik 1855, S. 89.

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