Adolph Grau

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Adolph Grau, * 9. 6. 1731 in Kirchditmold bei Kassel, † ca. 1823 in Kirchditmold, Oberförster.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

„Schon der Vater, Anton Grau, war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts landgräflicher Förster und Oberförster zu Kirchditmold. Zu seiner Zeit wurde die Oberförsterei in der Zentgrafenstraße erbaut. Als er 1746 starb, hinterließ er Frau Tochter Marie Christine und die Söhne Gideon und Adolph Christian.“[1]

Lebensweg

„Die anfangs noch unmündigen Brüder erhielten schon früh eine Jägerausbildung; die Kosten übernahm Landgraf Wilhelm VIII.“ „Beide Söhne heirateten Töchter von Anton Graus Amtsnachfolger, von Förster Leonhard Böttiger. Das war zu Beginn des Siebenjährigen Kriegs, und die Brüder Grau mußten mit dem hessischen Jägerkorps ins Feld ziehen und ihre Frauen bei deren Eltern zurücklassen.“[2]

„Adolph Grau war […] Forstadjunkt […] bei Schwiegervater Böttiger. Nach dessen Tod 1784 wurde er sein Nachfolger, Oberförster zu Kirchditmold und auch landgräflicher Büchsenspanner.“[3]

„Graus Sohn[4] hatte während der Franzosenherrschaft (1807 bis 1813) am Dörnbergschen Aufstand teilgenommen, war ins Kastell gesperrt worden und sollte erschossen werden. Man ließ Grau wissen, ein von ihm an den König Jérôme gerichtetes Gnadengesuch würde dem Sohn die Freiheit geben. Dazu aber war der alte Stockhesse nicht zu bewegen. Des Inhaftierten Schwester Elisabeth erreichte dann durch einen Kniefall vor der Königin die Freilassung.“[5]

„Ein Freudentag für den alten Grau war, als die Franzosen vertrieben waren und Kurfürst Wilhelm I. wieder nach Kassel zurückkehrte.“[6] „Das Wiedersehen beider alter Herren war ein tief bewegtes, und bei der Erwähnung der großen Verwüstungen, welche die hessischen Wälder durch die Franzosen erlitten hatten, traten beiden die Tränen in die Augen.“ Adolph Grau „überreichte bei dieser Gelegenheit dem Kurfürsten eine von dessen Großvater, Landgraf Wilhelm VIII., selbst gedrechselte und seinem damaligen Leibbüchsenspanner geschenkte Schnupftabaksdose und erhielt seinerseits, als Anerkennung seiner langen, treuen Dienste, eine an blauem Band zu tragende Verdienstmedaille, die erste Auszeichnung dieser Art für einen hessischen Förster.“[7]

Hofjagd im Habichtswald

Der Maler Adolf Müller-Cassel, Ururenkel Adolph Graus, erzählte über diesen folgende Geschichte, „die er noch von seinem Großvater gehört hatte, der wiederum seinen Großvater, den alten Grau, noch erlebt hatte:

Es war Hofjagd im Habichtswald und der Oberförster Grau hatte den Auftrag, einen verspäteten Jagdgast an einer bestimmten Stelle im Wald zu erwarten. Er sollte ihn bei sich behalten, bis das erste Treiben zu Ende war, um ihn dann der anderen Jagdgesellschaft zuzuführen.

Als der Erwartete auftauchte, wurde er von Grau mit den Worten empfangen: ,Hä soll hier bie mä bliewen. Mä stehen hier auf einem verlorenen Posten. Zu schießen gewets hier nix, aber jetzt is so minne Friehstickszit, un ich hale gerne Ordnung. Hä duhd doch mit?‘

Die Antwort: ,Nein, ich danke, ich frühstücke jetzt nicht.‘

,Na, so läßt hä’s bliewen; aber Bescheid died hä mä doch‘, sagte der Alte, wobei er eine ansehnliche Flasche aus dem Ranzen nahm.

Auch diesmal lehnte der Angesprochene ab. Es sollte noch schlimmer kommen. Auf die Aufforderung: ,Awer eine stoppen wird hä sich doch?‘ hieß es: ,Ich danke, ich rauche nicht.‘

Das ging dem Alten doch über die Hutschnur, und er machte sich mit den Worten Luft: ,Was is hä dann for einer?! Hä is jo schlimmer wie en Pärekedel (Pferdeapfel); der rauched doch wenigstens!‘

In diesem Augenblick erscholl das Halali, und beide begaben sich zum Rendezvous, wo das Jagdfrühstück stattfinden sollte. Sehr erstaunt war der Oberförster, als sein Schützling zuvorkommend begrüßt und ihm an der Tafel im Wald ein Platz neben dem Landgrafen angewiesen wurde. Der Jagdgast, der dem Alten so wenig imponiert hatte, war kein anderer als der preußische Gesandte.“[8]

Nachkommen des Oberförsters Anton Grau, des Vaters von Adolph Grau[9]

Anton GRAU (Antonius G.), geb. … 1693/94, begr. Kirchditmold 14.2.1746 (52 J.); um 1730 mit Familie in Kirchditmold ansässig geworden, Förster ebd. 1735, Oberförster ebd. 1737 ff.; heir. um 1720 Anna Elisabeth, geb. …, begr. Kirchditmold 29.9.1752[10]; 3 Kinder[11]:

A) Marie Christine, geb. …, gest. …
B) Gideon GRAU, geb. … ca. 1723/24, konf. Kirchditmold 1737 (13 J.), gest. …; landgräfliche Jägerausbildung; heir. NN., Tochter v. Leonhard BÖTTIGER, Förster in Kirchditmold 1747 ff., Nachfolger von Anton GRAU).
C) Adolph GRAU (Adolf G.), get. Kirchditmold 9.6.1731[12], gest. Kirchditmold ca. 1823; Oberförster in Kirchditmold; heir. Caroline Rosine, ebenfalls Tochter v. Leonhard BÖTTIGER. – Kinder:
1) NN. GRAU (Sohn), geb. Kirchditmold …, gest. …; Teilnahme am Dörnbergschen Aufstand gegen die französische Fremdherrschaft 1809, deswegen zum Tode verurteilt, dann aber begnadigt.
2) Elisabeth GRAU, geb. Kirchditmold um 1775?, gest. …; heir. Kirchditmold um 1790 Jacob MÜLLER, geb. Kirchditmold um 1775?, gest. Kassel nach 1839, Weißbinder in Kirchditmold, dann Bürger und Weißbindermeister in Kassel-Freiheit 1809 ff., Vizebürgermeister in Kassel. – 6 Kinder:
a) Leonhard MÜLLER, geb. Kirchditmold 1799, gest. Kassel 1877, Architekt (Baurat) und Maler; Landesbaumeister in Hersfeld 1827, in gleicher Funktion 1851 in Marburg und 1854 in Hanau; erwirbt sich Verdienste um die Erhaltung der Hersfelder Stiftsruine, Ehrenbürger von Hersfeld und Alsfeld. – Sohn:
aa) Julius Friedrich Wilhelm MÜLLER, geb. … um 1830/35, gest. …, Dr. iur., Justizrat; übernimmt nach 1866 die Vertretung des letzten hessischen Kurfürsten im Rechtsstreit mit Preußen. – Sohn:
aaa) Adolf MÜLLER-CASSEL (Adolf Leonhard M.-C.), geb. Kassel 2.8.1864, gest. Kassel 29.11.1942, Maler; studiert 1881 – 1886 an der Akademie Kassel, danach Akademie Düsseldorf; Aufenthalte in Rom, Reisen in Spanien, Holland, England, Frankreich, dann eigene Malschule in Berlin; heir. NN., Tochter des Industriellen Heinrich EHRHARDT.
b) Friedrich MÜLLER (Friedrich Wilhelm M.), geb. Kirchditmold 14.10.1801, gest. Kassel 8.2.1889, Maler und Akademieprofessor in Kassel; Italienstipendium d. Kasseler Akademie 1819, studiert 1820 – 1827 an der Kasseler Akademie, 1828 Maler in Kassel, 1828 – 1831 Aufenthalt in Rom, 1832 – 1875 Professor an der Kasseler Akademie, 1867 ff. deren Direktor. – Heir. vor 1828 NN. NN. – Kinder[13]:
aa) Leonard MÜLLER, geb. Kassel 25.4./1.5.1828, gest. …; arbeitet mit seinem Bruder Friedrich am „Krakeeler“ zusammen[14].
bb) Friedrich MÜLLER (Friedrich Jacob M.), geb. Kassel 11./17.1.1833, gest. …, Redakteur des Kasseler humoristisch-satirischen Flugblatts „Krekeeler“ (erschien 1866 bis 1896); die Kasseler legten ihm den Beinamen „Krakeeler-Müller“ bei. – Sohn:
aaa) Max MÜLLER, geb. Kassel um 1860/70, gest. nach 1913; Chefredakteur der „Kasseler Allgemeinen Zeitung“ 1904 ff., 1913, Mitglied des Stammtisches Pvunzel.
cc) Conrad, geb. Kassel 13./19.3.1835, begr. Kassel 11./17.5.1838.
dd) Justus Friedrich Carl Theodor, geb. Kassel 4./11.1836.
ee) Conrad Wilhelm, geb. Kassel 30.11./6.12.1838, begr. ebd. 11./15.10.1839.
c) Joh. George Matthäus, get. Kassel-Freiheit 26.1./1.2.1809, begr. ebd. 19./24.1.1811.
d) Friedrich Burckhard MÜLLER, genannt „Der rote Müller“, get. Kassel-Freiheit 17./24.5.1811, gest. München 30.5.1859, Landschaftsmaler u. Radierer; Schüler seines Bruders Friedrich, studiert an der Münchener Akademie, Aufenthalt in Rom 1834 – 1842, in Kassel 1842 – 1853, dann München. – Kinderlos.
e) George, get. Kassel-Freiheit 9./15.9.1813, begr. ebd. 29.7./4.8.1814.
f) Adolph, get. Kassel-Freiheit 2./8.5.1817, begr. ebd. 16./22.5.1817.

Quellen

  • Brede, Herta, u. Herbert Lamprecht (Bearb.): Kirchenbuch Kassel-Weißenstein 1703 – 1753. Kassel 1998.
  • Hermsdorff, Wolfgang: Müller-Cassel Meister der Idylle. Ein Blick zurück Nr. 1056, Hess. Allgemeine v. 11. 8. 1984.
  • Hermsdorff, Wolfgang: Anekdotenumrankt: Der alte Förster Grau. Ein Blick zurück Nr. 1140, Hess. Allgemeine v. 7. 6. 1986.
  • Thiele, Helmut [Barb. u. Hrsg.]: Einwohner und Familien der Stadt Kassel. Eheschließungen, Geborene, Verstorbene 1731 – 1839. 13 Bde. Kassel 1986.
  • Schmaling, Paul: Künstlerlexikon Hessen-Kassel 1777 – 2000. Mit den Malerkolonien Willingshausen und Kleinsassen. Kassel 2001. S. 574. – Hier weitere Literatur.

Querverweise

Anmerkungen

  1. Hermsdorff 1986.
  2. Hermsdorff 1986.
  3. Hermsdorff 1986.
  4. Seinen Vornamen nennt Hermsdorff leider nicht.
  5. Hermsdorff 1986.
  6. Hermsdorff 1986.
  7. Adolf Müller-Cassel, zitiert nach Hermsdorff 1986.
  8. Hermsdorff 1986.
  9. Abkürzungen: geb. = geboren, get. = getauft, heir. = heiratet, gest. = gestorben, begr. = begraben, NN. = Name unbekannt, ebd. = ebenda, d. h. am letztgenannten Ort. – Die Kasseler Polizei- und Kommerzzeitung, auf deren Auswertung Thiele 1986 basiert, veröffentlichte – ohne genaue Datierung – die kirchlichen Amtshandlungen wochenweise; diese können dementsprechend jeweils auch nur für einen Wochenzeitraum angegeben werden. – Die Nachkommenliste wurde nach der angegebenen Literatur für das KasselWiki zusammengestellt. (W. Guth)
  10. Sie wird beim Begräbnis im KB Weißenstein nicht ausdrücklich als Witwe von Anton Grau bezeichnet, muß es den Umständen nach aber sein.
  11. So nach Hermsdorff 1986.
  12. Pate ist lt. KB Weißenstein am 15.6.1731 Adolff Christian von Keydel, Rittmeister unter dem Diemarischen Regiment; als Vorname des Täuflings wird aber nur Adolff angegeben.
  13. Katholisch getauf und begraben. – Anzahl der Kinder unsicher. Ein weiteres Kind dürfte zwischen 1828 und 1831 in Rom geboren worden sein. Thiele 1986 schließt mit dem Jahr 1839.
  14. Wohl nur anfangs, da sich der Spitzname „Krakeeler-Müller“ nur auf seinen Bruder Friedrich bezog.

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