Nordhessische Curiosa I: 13. bis 16. Jahrhundert

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Am 6. Oktober „starb Adolf Wilhelm von Döringenberg, ein geistig lebendiger und für die geistigen Interessen sehr empfänglicher und thätiger Mann, ein Gönner des Pfarrers Burkhard Waldis zu Abterode […], der ihm seinen überarbeiteten Theuerdank widmete, übrigens auch ein Freund und Beförderer lustiger und toller Streiche […] und ein nur allzu guter Freund des Weines. Wegen seines übermäßigen Trinkens hatte ihm der Landgraf Philipp das Weintrinken ganz verboten; da nahm er eine Hand voll geschälter Gerste, warf sie in einen mächtigen Topf, goß diesen voll Wein und aß denselben als eine Weinsuppe, die zu eßen ihm ja nicht verboten sei, mit dem Löffel aus. Der lustige Weinfreund erreichte übrigens nur das Alter von 42 Jahren.“<ref>Hess. Chronik 1855, S. 40.</ref>
 
Am 6. Oktober „starb Adolf Wilhelm von Döringenberg, ein geistig lebendiger und für die geistigen Interessen sehr empfänglicher und thätiger Mann, ein Gönner des Pfarrers Burkhard Waldis zu Abterode […], der ihm seinen überarbeiteten Theuerdank widmete, übrigens auch ein Freund und Beförderer lustiger und toller Streiche […] und ein nur allzu guter Freund des Weines. Wegen seines übermäßigen Trinkens hatte ihm der Landgraf Philipp das Weintrinken ganz verboten; da nahm er eine Hand voll geschälter Gerste, warf sie in einen mächtigen Topf, goß diesen voll Wein und aß denselben als eine Weinsuppe, die zu eßen ihm ja nicht verboten sei, mit dem Löffel aus. Der lustige Weinfreund erreichte übrigens nur das Alter von 42 Jahren.“<ref>Hess. Chronik 1855, S. 40.</ref>
  
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„Seit 1568 baute Landgraf Wilhelm IV. als einer der ersten in Deutschland versuchsweise im Botanischen Garten“ in Kassel Kartoffeln an.<ref>Keim 1986, S. 26.</ref>
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„Seit 1568 baute Landgraf Wilhelm IV. als einer der ersten in Deutschland versuchsweise im Botanischen Garten“ in Kassel Kartoffeln an. Am 10. März 1591 schickt er eine Probe der Kartoffeln dem Kurfürsten Christian von Sachsen zu und schreibt dazu, er überschicke ihm „''Under andern ein gewechse so wir Vor wenig Jahren aus Italia becommen, Undt Taratouphli genandt wird''.“<ref>Keim 1986, S. 26.</ref>
  
 
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Version vom 18. November 2012, 11:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis

Denkwürdigkeiten – Merkwürdigkeiten – Absonderlichkeiten


1232

„1232 lag der hessische Landgraf mit seinem Heer vor der mainzischen Stadt Fritzlar und wollte schon abziehen. Da ,lyffen die gemeynen Wybere … uff die mure in der staid, und hingen ere nackenden erße uwer die tzynnen …‘ Die Hessen fühlten sich schmählich verspottet, kehrten um und stürmten die Stadt.“[1]

1367

Am 16. September „erschlug Konrad Spiegel zum Desenberg, ein mannlicher Held zu seinen Handen, mit den Seinigen unter der Altenburg bei Felsberg dreihundert Hersfelder Gewappnete, Reisige und Fußknechte.“[2]

1400

Am 5. Juni „wurde bei Kleinenglis der zum deutschen Könige gewählte Herzog Friedrich von Braunschweig von einem Haufen hessischer Ritter, Friedrich von Hertingshausen und Kunzmann von Falkenberg an der Spitze, ermordet.“ Man glaubte damals, „daß der Erzbischof von Mainz der Anstifter dieser That sei […]. An der Mordstätte wurde ein Kreuz mit einer Inschrift […] errichtet, und dieses Kreuz steht […] noch jetzt. Die Mörder wurden bestraft, d. h. zu einer sehr mäßigen Strafe verurteilt, aber die Strafe ist niemals vollzogen worden. Es gieng damals wie heut zu Tage, oder noch ein wenig schlimmer.“[3]

1410

Am 24. Dezember „überfiel ein wilder Ritter, Fritz Stuffeler, in Gemeinschaft mit zwanzig seiner Genoßen in einer Fehde, welche sie mit Hersfeld hatten, auf einem nahe bei der Stadt gelegenen Walde, die Queste genannt, zwei Hersfelder Knaben, unmündige Kinder, Gerlach Holte und Lotz Meßerschmidt, und die wilden Gesellen ließen sie ihren Haß gegen Hersfeld auf die grausamste Weise entgelten: sie hieben ihnen Hände und Füße ab und hiengen sie alsdann auf. Bei einer abermaligen Raubthat gegen Hersfeld“ im Jahre 1411 „wurde Fritz Stuffeler (Stopfeler, Stoppler, Stöpler) im Zollersgraben vor Hersfeld gefangen und alsbald an den Galgen gehängt.“[4]

1424

8. September. „Heftiger Orkan zwischen dem Rhein und der Weser, welcher die Wälder verwüstete und namentlich in Frankenberg großen Schaden anrichtete.“[5]

1442

Am 24. Januar „wurde Burghaun von dem Grafen Wilhelm von Henneberg erstürmt und Reinhard von Haune, der Besitzer der Burg, nebst dessen Sohn Philipp gefangen genommen – ein Ereignis, welches damals durch Volkslieder besungen wurde. Der alte Haune starb in der Gefangenschaft, der Sohn blieb zehn Jahre ein Gefangener des Grafen von Henneberg. Der Graf Wilhelm von Henneberg aber wurde nicht lange nach der Eroberung von Burghaun von einem wilden Schwein erschlagen.“[6]

1449

Am 15. Juni „trat ein heftiger Frost und ,saurer Wind‘ in ganz Hessen ein, welcher nicht allein den Wein, sondern auch Obst und Getreide zerstörte.“[7]

1455

Am 14. April wurde von Landgraf Ludwig I. eine Gerichts- und Polizeiordnung erlassen. Sie enthält unter anderem die Bestimmungen, daß z. B. „bei Nacht niemand ohne Wisch (brennenden Strohwisch) oder Laterne über die Straße gehen durfte, was bis zur Einführung der Straßenbeleuchtung bekanntlich oft sehr streng gehandhabt worden ist, oder daß das Nachtläuten (um 8 oder 9 Uhr) eingeführt ward, welches noch jetzt überall bestehet, damals aber zum Zeichen diente, daß die Bier- und Weinhäuser von den Gästen geräumt werden mußten. Die auf die Vergehen gesetzten Strafen waren streng; z. B. war das Spielen (Bret- und Würfelspiel), nicht allein bei Geldstrafe, sondern auch mit vierwöchiger Verbannung aus der Stadt verboten; ohne Laterne zu gehen, oder über die Weinglocke hinaus im Wirtshause Gäste zu halten, oder als Gast zu sitzen, kostete drei Pfund Heller (60 Schillinge), wer aber des Abends ohne Licht ,in unziemlichen Sachen mit Werfen oder Rufen die Leute zu erferen (erschrecken) und zu wecken, den Leuten ihre Fenster, Thore und Faße zu schlagen oder Wagen umzuwerfen funden wird‘, der soll nicht allein die höchste Geldstrafe zalen, sondern auch vier Wochen aus der Stadt gewiesen, und, kehrt er innerhalb dieses Termins zurück, vier Wochen in Haft gesetzt werden.“[8]

1469

Am 7. Januar zweimalige Eroberung von Borken in der Bruderfehde zwischen Landgraf Ludwig II. von Niederhessen und Landgraf Heinrich III. von Oberhessen: Vormittags eroberte Ludwig die Stadt, nachmittags Heinrich.[9]

1470

Am 8. September brach die Pest in Hessen aus, „welche nach der Erzählung der Chronisten dadurch zum Voraus angedeutet sein sollte, daß um Pfingsten dieses Jahres alle Elstern aus dem Lande flogen (namentlich bei Kassel, Fritzlar, Wildungen) und erst um Mariä Geburt sich in großen Scharen wieder einfanden. Die Seuche […] dauerte zwei Jahre, und wütete am schlimmsten im Jahre 1472, ,also daß auch alle Lieb und Treue darüber erkaltet, die Eheleute einander verlaßen, die Kinder von den Eltern und die Eltern von den Kindern gewichen, daß auch viele Menschen, die noch wohl hätten genesen können, aus Abgang der Wartung elendig umkommen müßen‘.“[10]

1475

Am 28. Juni „Ende der Belagerung der Festung Neuß in der kölnischen Stiftsfehde durch Karl den Kühnen von Burgund. An diesem Tage mußte der Herzog von Burgund vor dem herannahenden kaiserlichen Heere die elfmonatliche Belagerung aufheben, und das kleine Häuflein treuer hessischer Ritter, welches heldenmütig mit Landgraf Hermann, Erzbischof von Cöln, sechs und fünfzig Stürmen des kühnen Belagerers getrotzt hatte, ward frei. Diese siegreich ausziehenden Helden waren Konrad von Waldenstein, Neidhart von Buchenau, Johann Hück, Henne von Biedenfeld, Appel von Grüsen, Ludwig Diede, Geise Hund, Konrad und Heinz von Eschwege Gebrüder, Kurt Noding, Diemar und Philipp von Wildungen Gebrüder, Henne von Schönstädt, Henne Windolt, Hermann von Romrod, Erhard Hake, Valentin von Dernbach, Harterad von Eilshausen, Hermann von Hundelshausen. […] Eben so wenig aber sollen auch die zwölf Helden vergeßen werden, ,welche Leid mit Landgraf Hermann litten, todt und lebendig bei ihm haben ausharren wollen und bei ihrem Herrn zu Neuß mit Ehren todt geblieben sind‘: Thilo von Falkenberg, Friedrich von Urff, Dieterich von Elben, Claus Trott zu Solz, Dietrich und Friedrich Scheurnschloß Gevettern, George von Grifte, der starke und männliche Johann Blieber, der ehrenfeste Johann von Eschwege, Adolf von Biedenfeld, Strebkatz, und Spiegel, der stolze Meisner.“[11]

1509

Am 11. Juli „starb Landgraf Wilhelm II., Vater Philipps des Großmütigen, 41 Jahr alt, an der damals neuen und mit furchtbarer Wut auftretenden Krankheit der Siphilis.“[12]

1516

26. März. „Plünderung der mainzischen um Amöneburg gelegenen Dörfer durch die Reiterhaufen des damals dort auf einen Raub an mainzischen Geldtransporten lauernden Ritters Gottfried [Götz] von Berlichingen.“[13]

1540

Am 4. Oktober „starb der berühmteste lateinische Poet seiner Zeit, ein Repräsentant der klassischen Bildung jener Periode, freilich auch ein Repräsentant der unmäßigen Trunksucht der damaligen Gelehrten, lange Zeit hindurch der gelehrte Stolz Hessens: Helius Eobanus Hessus, Professor zu Marburg, 52 Jahr alt.“[14]

1551

Am 12. Juli „wurde eine von den hessische Verordnungen gegeben, welche zum Inhalt haben, daß die bisherigen Verordnungen befolgt werden sollten.“[15]

1552

10. Januar. „Große Waßerflut in Marburg, Kassel und an andern Orten. In Marburg erreichte die Lahn den höchsten Stand, von dem man weiß, riß die Weidenhäuser Brücke weg, und verschlang in dem Einsturze der Brücke 24 Menschenleben.“[16]

1558

8. Juli. „Aelteste hessische Verordnung wider das Branntweintrinken.“[17]

1560

Der Kasseler Bürger Paul Gnies hatte halbfertiges Bier aus dem städtischen Brauhaus in seinem Keller zum Durchgären gelagert. Seine Hausgehilfin, eine Verwandte, die einen Tag nach der Einlagerung nach dem Bier sehen sollte, erstickte in den beim Gären freigesetzten Gasen. Das Töchterchen des Ehepaares Gnies, das mit in den Keller gelaufen war, konnte noch nach der Mutter rufen, erstickte aber ebenfalls. So ging es auch der Mutter, die, bevor sie ohnmächtig wurde, noch nach ihrem Mann rufen konnte. Der herbeieilende Paul Gnies erstickte ebenfalls. – Alle vier wurden in einem gemeinsamen Grab bestattet.[18]

1567

In diesem Jahre „ereignete sich in Binsförth bei Spangenberg einer von den merkwürdigsten Fällen des Wiedererwachens vom Scheintode, welcher dazumal ein unglaubliches Aufsehen machte. An der damals herschenden Seuche („Pestilenz“) starb der neunzehnjährige Bauernbursche Kunz Strawe; nachdem er 24 Stunden für todt gelegen und der vermeintliche todtstarre und kalte Leichnam zum Begräbnis angekleidet werden sollte, erwachte er zu neuem Leben. Seine Seele war aber offenbar während dieser Zeit in einem fremden Lebensgebiete gewesen und hatte Eindrücke empfangen, welche der, bei vollem Leben wo nicht stumpfe, doch sehr nüchterne Jüngling aus dem Kreiße seiner bisherigen Anschauungen nicht entnommen haben konnte.“[19]

1567

Am 6. Oktober „starb Adolf Wilhelm von Döringenberg, ein geistig lebendiger und für die geistigen Interessen sehr empfänglicher und thätiger Mann, ein Gönner des Pfarrers Burkhard Waldis zu Abterode […], der ihm seinen überarbeiteten Theuerdank widmete, übrigens auch ein Freund und Beförderer lustiger und toller Streiche […] und ein nur allzu guter Freund des Weines. Wegen seines übermäßigen Trinkens hatte ihm der Landgraf Philipp das Weintrinken ganz verboten; da nahm er eine Hand voll geschälter Gerste, warf sie in einen mächtigen Topf, goß diesen voll Wein und aß denselben als eine Weinsuppe, die zu eßen ihm ja nicht verboten sei, mit dem Löffel aus. Der lustige Weinfreund erreichte übrigens nur das Alter von 42 Jahren.“[20]

1568

„Seit 1568 baute Landgraf Wilhelm IV. als einer der ersten in Deutschland versuchsweise im Botanischen Garten“ in Kassel Kartoffeln an. Am 10. März 1591 schickt er eine Probe der Kartoffeln dem Kurfürsten Christian von Sachsen zu und schreibt dazu, er überschicke ihm „Under andern ein gewechse so wir Vor wenig Jahren aus Italia becommen, Undt Taratouphli genandt wird.“[21]

1593

Am 20. August „wurde zu Kassel Friedrich von Baumbach von Heidenreich von Boineburg in fröhlicher Gesellschaft und in Folge eines Scherzes, der in Zank ausartete, erstochen. Der Erstochene war der Bruder des Hofmeisters zu Marburg, Philipp Ludwig von Baumbach, welcher durch sein Verhältnis zu der Landgräfin Marie bekannt geworden ist […].“[22]

1598

Am 9. Juni „ereignete sich in Nentershausen eine von den wilden Todschlagsscenen, welche unter dem Landadel damals häufig vorkamen, und zwar häufiger als im sogenannten Mittelalter, wo der Landadel weniger roh und rauflustig war, als seit dem 14. Jahrhundert: aus einem freundschaftlichen Zusammensein mehrerer Edelleute auf dem Baumbachischen Hofe zu Nentershausen entwickelte sich ein Zank, der alsbald in einen Kampf mit Dolchen, Rappieren und Büchsen ausschlug und damit endete, daß Heinrich von Baumbach und Friedrich Trott zu Solz erschoßen wurden.“[23]

Quellen

  • Hessische Chronik. Wiederabdruck des in dem „hessischen Volksfreunde“ erschienenen Geschichtskalenders in chronologischer Ordnung. Druck und Verlag von Joh. Aug. Koch. Marburg 1855. – Fotomech. Nachdr. Darmstadt 1993. Vorwort Eckhart G. Franz.
    Franz nimmt als Verfasser der Hessischen Chronik Karl Wilhelm Piderit an; siehe Vorwort. Der tatsächliche Verfasser ist August Vilmar. Horst Hamecher überließ mir in den 90er Jahren in Fotokopie die Titelseite eines Exemplars der Originalausgabe mit einer handschriftlichen Widmung von Johann August Koch: „Zur fr. Erinnerung an den Verleger“, abgezeichnet Marburg 28. 9. 1873. Das Folgeblatt, ebenfalls in Fotokopie vorliegend, enthält die Vorrede von 1854, unterschrieben mit „Der Herausgeber“, nach unserem Verständnis der „Verfasser“. Verleger Koch hat handschriftlich daruntergesetzt: „Verfasser: Vilmar“. Koch als Verleger wußte natürlich, wessen Werk er gedruckt und verlegt hatte. – (W. Guth)
  • Hermsdorff, Wolfgang: Kasseler Familie im Bierkeller erstickt. In: Ein Blick zurück Nr. 1327, Hess. Allgemeine v. 5. 5. 1990.

Querverweise

Anmerkungen

  1. Keim 1986, S. 98 (nach dem Chronisten Wigand Gerstenberg).
  2. Hess. Chronik 1855, S. 9.
  3. Hess. Chronik 1855, S. 11.
  4. Hess. Chronik 1855, S. 12.
  5. Hess. Chronik 1855, S. 13.
  6. Hess. Chronik 1855, S. 15 f.
  7. Hess. Chronik 1855, S. 16.
  8. Hess. Chronik 1855, S. 17.
  9. Hess. Chronik 1855, S. 20.
  10. Hess. Chronik 1855, S. 20.
  11. Hess. Chronik 1855, S. 21.
  12. Hess. Chronik 1855, S. 26.
  13. Hess. Chronik 1855, S. 27.
  14. Hess. Chronik 1855, S. 31.
  15. Hess. Chronik 1855, S. 34.
  16. Hess. Chronik 1855, S. 34.
  17. Hess. Chronik 1855, S. 36.
  18. Hermsdorff 1990.
  19. Hess. Chronik 1855, S. 40.
  20. Hess. Chronik 1855, S. 40.
  21. Keim 1986, S. 26.
  22. Hess. Chronik 1855, S. 48.
  23. Hess. Chronik 1855, S. 50.

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