Wörterbuch der niederhessischen Mundart, W – Z

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'''Zittel''' m. ● ''Ziddel'' ,Zettel‘, Kassel  1926 (Chr. Müller); ''Zerrel'' (erstes ''e'' geschlossen), Oberellenbach (Hm. 1926).
 
'''Zittel''' m. ● ''Ziddel'' ,Zettel‘, Kassel  1926 (Chr. Müller); ''Zerrel'' (erstes ''e'' geschlossen), Oberellenbach (Hm. 1926).
  
'''Zirene, Zitrene''' f. ● ''Zedderehne'', auch: ''Zerehne'' ,Flieder‘, Kassel (Gr. 1894), ''Zireene'', Oberellenbach (Hm. 1926). ● Von ''syringa (vulgaris)'' ,Flieder‘. In der Kasseler Form ''Zedderehne'' liegt sicherlich Beeinflussung durch ''Zitrone'' vor, siehe ''Zitronat''.
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'''Zitterene, Zirene''' f. ● ''Zedderehne'', auch: ''Zerehne'' ,Flieder‘, Kassel (Gr. 1894); ''Citterene'' ,Syringe‘, Balhorn (Sl. 1901); ''Zireene'' ,Flieder‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Von ''syringa (vulgaris)'' ,Flieder‘. In ''Zitterene'' liegt sicherlich Beeinflussung durch ''Zitrone'' vor, siehe ''Zitronat''.
  
 
'''Zocker''' ● ,Zucker‘, Kassel (Gr. 1894), ''Zogger'' (''o'' offen), Oberellenbach (Hm. 1926).
 
'''Zocker''' ● ,Zucker‘, Kassel (Gr. 1894), ''Zogger'' (''o'' offen), Oberellenbach (Hm. 1926).

Version vom 25. November 2014, 16:49 Uhr

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Verweise:

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W.

wabbeligwawwelich ,weich(lich)‘, Kassel (Gr. 1894).

WabbeljohannesWawwelgehannes ,weichlicher, weibischer Mann‘, Kassel (Gr. 1894).

wabern ● ,sich schnell, aber schwankend hin und her bewegen‘, allgemein üblich (außer teilweise im Fuldischen‘) (Vil. 1868); wawern ,wanken, schwanken, sich hin und her bewegen‘, Kassel (Gr. 1894). ● Siehe Bewaberung.

Wacke f. ● ,Basalt‘, in Hessen die einzige Bezeichnung für diese Gesteinsart (Vil. 1868).

Wackel f. ● Waggel ,Murmel, kleine Spielkugel‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894). ● Wackel war Mitte des 20. Jh. die allgemeine Bezeichnung für Murmeln beim Wackelnspählen. Es gab daneben, vor allem früher, auch andere Bezeichnungen, und zwar für bestimmte Murmelarten, je nach Material, Farbe, Größe und Verrechnungswert. Eine dataillierte „Wackologie“ findet sich bei Grassow unter Schosse. ● Siehe Schosse.

Wackelstein ● ,Wacke, Basaltstein, Pflasterstein‘, Kassel (Gr. 1894).

Wacken m. ● Wacke m., im östl. Hessen meist Wacken gesprochen, ,aus gebranntem Ton oder Marmor verfertigte Spielkugel der Kinder‘ (Vil. 1868); Waggen, Ausdruck des Klickerspiels (Spiel mit kleinen Tonkugeln), ist Zuruf beim Spiel, Oberellenbach (Hm. 1926).

WackensteinWaggensteeng ,Wacke‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Waderung f. ● ,Bewegung‘, nur in der Verbindung in der Woderinge (o offen) ,in Bewegung‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vermutlich *Wadelunge > Waderunge; das hieße, wäre zu stellen zu mhd. wadelen, wedelen, ,schweifen, schwanken, flattern, fließen‘.

Wagengeißel f. ● Weengsgöschel ,Wagendeichsel‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wagenzeere f. ● Weengzähre ,Teer zum Schmieren des Wagens‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Siehe Zeer.

Wähle f. ● ,Wahl, Auswahl‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wahrhampel!wahrhambel! wahrhamblex! ,wahrhaftig!‘, Beteuerung, Kassel (Gr. 1894); warrhambel! ,wahrhaftig!‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wahrhanzig!warrhanzech! ,wahrhaftig!‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

walch ● ,lau‘, besonders in Bezug auf Wasser, Nieder- und Oberhessen (Vil. 1868); ,lau‘, übertragen auch: ,verschlagen, geknickt‘, Kassel (Gr. 1894); wolch ,lauwarm‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Walke f. ● Walge ,Prügel, Schläge‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

walkenwalgen ,durchprügeln‘, Kassel (Gr. 1894).

wälzern ● ,wälzen, rollend fortbewegen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wambe f. ● Wampe, selten Wambe gesprochen, ‚Bauch‘, meist in verächtlichem Sinne (Vil. 1868); Wambe ,Bauch‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894), im 19. Jh. scheinbar oft im Plural gebraucht im Sinne von ,Wammen, Flanken‘ (Gr.). ● Vgl. mhd. wambe, wampe, wamme f. ,Bauch, Wanst‘, ahd. wamba f. ,Leib, Bauch, Schoß‘, ahd. wambo m. ,Bauch, Gebärmutter‘.

Wambest m. ● Waambest ,dicker Leib beim Rindvieh (infolge Kolik)‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wamsche f. ● nur im Plur. gebräuchlich ,Prügel, Hiebe‘, Kassel (Gr. 1894), nur im Sing., Kassel 20. Jh. ● Sicherlich sekundäre Bildung nach dem Verb wamschen.

wamschen ● ,Schläge geben‘ (Vil. 1868); ,prügeln‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894). ● Jem. durchwamschen ,verprügeln‘ (Vil. 1868), Kassel 20. Jh. ● Ableitung von Wams, also „einem das Wams ausklopfen“ (Vil.).

wamschen ● ,viel und gierig essen‘ (Vil. 1868); (Essen) rinnwamschen ,gierig essen‘, Kassel 20. Jh.; ,viel und hastig essen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Ableitung, wie Vil. zu Recht annimmt, von Wampe (Wambe) ,Bauch‘. Also wäre anzunehmen: wamschen < *wambschen.

WanderdingWanderding (Wanerding) ,Gespenst‘, die übliche Bezeichnung (Gespenst „ist dem Volke völlig fremd“) (Vil. 1868); Waanerdänk ,Gespenst‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wandern ● „im Volksmund allenfalls vom Wandern der Wanderburschen üblich [Gesellenwanderung], sonst nur in der Redensart: es wandert (wanert), d.h. es gehen Gespenster um.“ (Vil 1868); sech waanern ,spuken, umgehen von Gespenstern‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Es waanert sech. ,Es spukt.‘ (Hm.)

Wandlaus ● ,Wanze‘, Wandlaus bis in die 1820er Jahre auf dem Lande durchgängig allein üblich (Vil. 1868).

Wank m. ● ,eine Wankbewegung als Einzelbewegung in einer Richtung‘, Kassel (Gr. 1894). ● En Wank krichen, etwa: ,plötzlich nach einer Seite wanken.‘ (Gr.)

Wanne ● ,offenes, ziemlich flaches Faß (wie gemeinhd.)‘; ,kleiner flacher Korb‘, Nieder- und Oberhessen (Vil. 1868); ,runder, flacher Korb‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wannehr ● ,wann‘, Nebensatz-Konjunktion, „weit üblicher als das einfache wann“ (Vil. 1868), Kassel 19. Jh. (Jonas?). ● Vgl. mnd. wannêr Adv. ,zu irgendeiner Zeit‘.

Wanst m. ● ,Wanst‘, übertragen: ,Kind‘,eher abfällig, auch scherzhaft, sogar zärtlich, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894); ,Bauch, Leib‘, in derber Rede; meist Plural: ,ungezogene Kinder‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wappich m. ● Wabbich ,dicke Person‘, Kassel 20. Jh.

Wapps ● auch: Wabbs-Babbs (= Stampes) ,dicker Brei; dicke „schwulstige“ Person‘, Kassel (Gr. 1894).

Wärmede f. ● ,Wärme‘, übertragen auch: ,Schnaps‘ (scherzhaft), Kassel (Gr. 1894); ,Wärme‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wärmekächelchen ● ,niedriger Topf zum Aufwärmen der Speise‘, Kassel (Gr. 1894).

warumworimme, oft brimme, Kassel (Gr. 1894), worimme, Kassel 20. Jh.; brem, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Entwicklung der Kasseler Form brimme: worimme > *wrimme > brimme. Anders Oberellenbach: Hier ist wie auch in anderen südlichen Teilen des Niederhessischen (Schwalm) grundsätzlich das anlautende w von Fragewörtern zu b geworden.

Warzel f. ● Wahrzel ,Warze‘, Kassel (Gr. 1894); Woorzel, Oberellenbach (Hm. 1926).

wäschen ● ,waschen‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894); wöschen, Oberellenbach (Hm. 1926).

WäschweibWäschwibb ,Waschfrau‘, übertragen: ,jem., der gern ausplaudert‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

Wase f. ● ,Tante‘, Kassel (Gr. 1894); Wose ,Tante‘, Anrede jeder älteren Frau, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. ahd. wasa ,Tante väterlicherseits, Vatersschwester‘.

wasserhartede Stroße äs wasserhorde (nach starkem Regen, der den Schmutz weggespült hat), Oberellenbach (Hm. 1926).

Wasserjost m. ● Wasserjoost ,Mensch, der sich stets laut und ungestüm gebärdet, Polterer‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Jost ist früher in Niederhessen gebräuchlicher Vorname.

Wasserwecke m. ● Wasserwegge (Sg. u. Pl.): Brötchenart, Kassel 20. Jh.; Wasserwägge ,mit Wasser gebackenes Brötchen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Siehe Wecke.

watchen ● ,unsicher gehen, sich mit sichtlicher Anstrengung fortbewegen, Oberhessen (Vil. 1868); wadchen ,watscheln, watschelnd gehen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wätscheln ● ,watschelnd gehen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Watsche f. ● ,Maulschelle, Ohrfeige‘, in den meisten Gegenden Hessens der gebräuchlichste Ausdruck (Vil. 1868); Wahdsche ,derbe Ohfeige‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

Waule ● ,Murmel, Spielkugel‘, Kassel (Gr. 1894). ● Siehe Schosse.

Watz m. ● ,männliches zahmes Schwein, Eber‘, Mittelhessen (Vil. 1868); Watz, Dickwatz ,dicke Person‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894); ,Zuchteber‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vil. spezifiziert: Watz kommt vor in Fulda, der Werragegend, in Ziegenhain, Oberhessen, im Hanauischen; hingegen an der unteren Schwalm und Eder bis zur Diemel Ber, an der Weser Kämpe. Eber nirgends volksüblich.

Wecke m. ● Weck […] „bedeutet nirgends in Hessen den eigentlichen Keil, sondern nur das ehedem (doppelt) keilförmige Gebäck“ (Vil. 1868); Wegge, Sing. und Plur., ,Brötchen‘, Kassel 19., 20. Jh.; Wägge, Sing. und Plur., ,Semmel, Brötchen, längliches Weißbrot zum Füllen von Gänsemagen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Wecke ist bei Gr. 1894 nur indirekt durch Weckewerk belegt. ● Es gab in Kassel im 19. Jh. traditionell drei Brötchensorten: Wasserwecke (Seiltänzer), Laibchen ,Milchbrötchen‘ und Franzlaibchen ,Franzbrötchen‘ (als dem Franzbrötchen ähnlich wird 1894 auch Stitzchen erwähnt). Nach 1871 kamen Kaiserbrötchen hinzu. Der Wecke war ursprünglich ein längliches (keilförmiges) Brötchen; vgl. ahd. weggi ,Keil‘. Hingegen war das Laibchen rund bzw. abgerundet wie ein Brot: Laibchen = kleiner Laib (Brot). ● Siehe „Wecke“.

Weckewerk ● ,Wurstgehacktes mit Semmeln druntergeknetet‘, Kassel (Gr. 1894), mit weiteren Zutaten, wie etwa Zwiebeln und Kümmel, Kassel 20. Jh.; Wäggewärk ,Gemisch aus kleinen, beim Schlachten übrigbleibenden Teilen des Schweines mit Brötchen und Zwiebeln‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WeckewurstWeckeworscht, bei Gr. erwähnt, ohne Erklärung, nur Hinweis auf Weckewerk, Kassel (Gr. 1894); Wäggworscht ,mit Weckewerk gefüllte Wurst‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wecksoppe f. ● Wäggsobbe (o offen) ,Fleischbrühe mit Brötchenstücken‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Weg m. ● wie hd.; fem. in bestimmten Redewendungen, in ganz Hessen üblich: auf der Wege sein ,auf dem Weg sein, im Begriff etwas zu tun‘, auf der Wege ,unterwegs‘, aus der Wege gehen ,ausweichen‘ (Vil.); Geh mä us der Wäje, du stehst mä in der Wäje, Kassel 20. Jh.

Wegeschisser m. ● Wegscheißer ,Geschwür am Rande des Augenlids‘, östliches Hessen (Vil. 1868); Wäjeschesser ,Geschwür am Auge, Gerstenkorn‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Sonst auch Wern, Wer, Werner genannt, „dieses Geschwür gilt als Strafe dafür, daß man seine Notdurft am Wege verrichtet habe“ (Vil.). ● Siehe Werner.

Weh n. ● Wieh, nur in Kompositionen wie Büchwieh ,Bauchweh‘, Kobbwieh ,Kopfweh‘ u.a., Oberellenbach (Hm. 1926).

wehnenwähnen ,entwöhnen‘ (z.B Säugling, Kalb), Oberellenbach (Hm. 1926).

wehnigwähnech ,entwöhnt‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WehtatWiehdoot ,Schmerz, Leid‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

weicherlichweecherlech ,weich, kraftlos, saftlos (von Speisen); schwächlich, elend (von Personen), Oberellenbach (Hm. 1926).

weifenweefen ,haspeln (Garn)‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Ech weef dä eenge. ,Ich versetze dir eine Ohrfeige‘ (Hm.).

Weinkauf m. ● Wingköf ,Feier nach einem abgeschlossenen Handel, nach einer standesamtlichen Trauung‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Weintraubel f. ● Winndruwel ,Weintraube‘, Kassel (Gr. 1894); Wingdrüwel, Oberellenbach (Hm. 1926).

Weise m. ● Wees ,Weizen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

weisen ● ,zeigen‘, das in ganz Hessen ausschließlich übliche Wort, hd. zeigen ist nirgends volksüblich (Vil. 1868); wiesen ,weisen‘, oft für ,zeigen‘, Kassel (Gr. 1894); ,zeigen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Weißbescheidahler Weißbescheid ,superkluge Person‘, Kassel (Gr. 1894).

WeißpfennigWißpennig, alte Münzbezeichnung, Kassel (Gr. 1894). ● Wißpennige schwitzen ,große Tropfen schwitzen‘ (Gr.). ● „Weißpfennig, die mehrere Jahrhunderte lang ausschließlich gebräuchliche, mit dem 1. April 1835 gänzlich verschwundene kleine Baar- und Rechenmünze Hessens. Der niederhessische Weißpfennig, in großer Menge in Silber zuletzt unter Landgraf Friedrich II. geschlagen, betrug 12 Heller […], 32 Weißpfennige (Albus) gehörten zu einem Thaler (von 24 guten Groschen), 26 zu einem Kammergulden. […] Der niederhessische Bürger und Bauer rechnete im Kleinverkehr nur nach Weißpfennigen, und reducierte alle Groschenrechnungen auf Weißpfennige, bestimte auch Einkommen und Reichtum nach Weißpfennigen.“ (Vil. 1868).

welmenwälmen ,wölben‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

welschwalsch ,fremdländisch, unverständlich‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● walscher Howwersack ,welscher Hafersack, unverständlich redender Mensch‘ (Hm.). ● Vgl. hd. welsch ,romanisch‘, hauptsächlich ,frazösisch‘, insbesondere aber ,italienisch‘; mhd. walhisch, walsch, welsch ,italienisch, französisch, romanisch‘, ahd. wal(a)hisk ,romanisch, lateinisch‘. Ableitung von german. *Walhos, Bezeichnung für die im Süden und Westen benachbarten Kelten, die abgeleitet ist von dem Namen des Keltenstammes der Volcae. Später wurden mit westgerman. Walh, ahd. Walah die romnisierte Nachkommen der Kelten bezeichnet, dann die Romanen allgemein.

welschen ● ,in unverständlicher Sprache reden, undeutlich und unverständlich sprechen‘, überall gebräuchlich (Vil. 1868)

welscher Nuß m. (!) ● walscher Noß ,Walnuß‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wendewisch m. ● Wängewösch ,lebhaftes Kind‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. Irr-wisch.

Werk ● 1) ,Grundbesitz, bäuerliches Besitztum, Haus und Hof, Acker und Wiesen nebst dem Viehbestand‘, sehr üblich; 2) Plur. ,Ungelegenheit, Weitläufigkeit, Ausflüchte, sehr üblich; 3) Plur. ,Menstruation‘, im östl. Hessen, nicht allzu häufig (Vil. 1868); Wärk ,Zeug, Stoff, Keidung; Gut, bäuerliches Besitztum, landwirtschaftliches Anwesen‘; meist Plur.: ,Werke, Umstände, Weitschweifigkeiten‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WermüteWermiede ,Wermut; Wermutschnaps‘, Kassel (Gr. 1894); Wermede f. [!] (Betonung auf der ersten Silbe, diese hat kurzes geschlossenes e, die folgenden zwei e sind „Murmel-e“),

Werner m. ● Wern, auch Werner und Wer genannt, ,Blutgeschwür am Augenlid, sogenanntes Gerstenkorn‘, auch Wegscheißer genannt (Vil. 1868); Wärner ,Geschwür am Augenlid, Gerstenkorn‘, gewähltes Wort für das gewöhnliche Wegeschisser, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wesen n. ● Wäsen ,große Menge; Übertreibung, Aufheben, Aufbauschung‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wibbelnwibbeln, wiwweln ,wimmeln‘ (Vil. 1868); wewweln ,wimmeln‘, Kassel (Gr. 1894). ● Redewendung krewweln un wewweln ,kribbeln und wimmeln‘ (Gr.).

wibbelblauwiwwelblau (-blo) ,ganz blau‘, ganz Hessen (Vil. 1868). ● Neben wiwwelblo kommt auch wimmelblo vor. Einen wiwwelblo schlagen. (Vil.)

Wichse f. ● ,Schläge‘ (Vil. 1868); ,Schuhwichse, Bartwichse; Prügel, Schläge‘, Kassel 19., 20 Jh. (Gr. 1894); Wiggse ,Schuhwichse‘, Plural: ,Schläge, Prügel‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Das es eine Wichse. ,Das ist einerlei, gehüpft wie gesprungen.‘ Kassel 19., 20. Jh. (Gr.). Es äs alles eenge Wigse (Hm.)

wichsen ● ,Schläge geben, besonders Kindern gegenüber gebräuchlich‘ (Vil. 1868); ,mit Wichse bestreichen (Schuhe)‘, Kassel 20. Jh.; wiggsen ,mit Wichse bestreichen; schlagen, verhauen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Siehe verwichsen.

Wichtel m. und n. ● gewöhnlich Wichtelmännchen, auch verderbt Wispelmännchen genannt (Wichtelfrau, Wichtelleute) ,Elben, Berg- und Hauskobolde‘ (Vil. 1868). ● Siehe Wispelmännchen.

wickelnweggeln[!] ,umwickeln, umwinden; durchhauen, verprügeln‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wickelnwiggeln[!] ,bewirken, daß etwas wackelt‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wider ● Präp. mit Akk. und Dat., in den meisten Fällen gebräuchlich, wo man im Gemeinhd. an, zu sagt (Vil. 1868); werre Präp. mit Akk., ,gegen; zu (nach sprechen und sagen)‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Beispiele (ohne Angabe, wo gebräuchlich) bei Vil.: mit Akk.: sich wider einen Gegenstand stoßen, etwas wider die Wand stellen, etwas wider jemanden sagen (Verbindung von sagen mit zu gänzlich unüblich); Dat. bei stehen: der Rechen steht wider der Hecke.

widerhaltenwerrehahlen ,für längere Zeit vorhalten, sättigen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

widerkleibenwerregleewen; in der Redesart: Ech bän goor denne werrejegleewt. ,Ich bin gar dünn widergekleibt, ich bin für Krankheitenleicht empfänglich.‘ Oberellenbach (Hm. 1926).

WiderscheinWerresching ,Leuchten in mehreren Farben‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

widerscheinenwerreschingen ,in mehreren Farben leuchten‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

widerscheinigwerreschingech ,in mehreren Farben leuchtend‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

widerstoßenwerrestoßen ,beim Sprechen mit der Zunge anstoßen, lispeln‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wiedehopch m. ● ,Wiedehopf‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr.) ● Hä stinket wie’n Wiedehopch. ,Er stinkt übelst.‘ Kassel 20. Jh. ● Mundartl. pch ist keine verunglückte Wiedergabe von hochdt. pf; siehe auch Kropch.

Wieke f. ● Wiege, Plur. Wiegen ,kurze Fäden zerzupfter Leinwand, die in offene Wunden gelegt werden, um ein zu frühes Heilen zu vermeiden‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wiekelnwiegeln ,langsame, wiegende Schaukelbewegungen machen‘, z.B. mit dem Stuhl bei Tische, Kassel (Gr. 1894). ● Vielleicht zerdehntes wickeln ,zum Wackeln bringen‘?

Wilbert ● ,Wildbret‘, Kassel, scheinbar nur belegt in Wilbertschirne (s.d.).

Wilbertschirne f. ● Wilberdschirne ,Verkaufsstand für Wildbret‘, Kassel 1925 (Müller). ● Siehe Schirne.

Wildscheuer f. ● Wäldschiere ,Raum, in dem viele Gegenstände ungeordnet durcheinander liegen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

willkomm!wellkom! (Betonung auf der ersten Silbe), Begrüßung eines eintretenden Gastes, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. mhd. Adj. willekome, -kume, -kom, -kum ,willkommen‘.

Wimber f. ● Wember, Wimber ,schmale Dielen, Bretter oder Stangen an der Giebelseite der Häuser zum Abhalten der Windstöße, namentlich am Strohdach (Vil. 1868); Wember ,der über den Hausgiebel vorstehende Dachrand‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Zugrunde liegt ahd. wintberga ,Windberge [vgl. nhd. bergen ,retten, schützen], Windschutz, Wimperg, Mauerzinne‘.

Wimper f. ● Wember ,Wimper, Augenbraue‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Zugrunde liegt ahd. wintbrāwa ,Haarrand am Auge‘, vorwiegend ,Augenbraue‘, so noch bei mhd. wintbrâ(we).

windschwängsch ,windschief, verlehrt, schief‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Winkel ● ,Kloake zwischen je zwei Häusern in manchen kleinen Städten‘, Kassel (Gr. 1894); Wenggel ,Platzneben dem Abort, der zur Unterbringung von allerlei Abfällen des Haushalts dient, die dann später als Wiesendünger dienen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

winterischwändersch ,den Sonnestrahlen, der Wärme nicht zugänglich‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WinterseiteWändersiede ,die der Sonne abgewandte Seite der Gemarkung‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Winzchen ● ,Kätzchen‘, Kassel 20. Jh. ● Winzchen machen ,sich anbiedern‘, Kassel 19., 20. Jh. (Herzog, Gr. 1894).

Winz Winz! ● Lockruf für die Katze (Vil. 1868), Oberellenbach (Hm. 1926).

Winze f. ● Winze ,Katze‘, ganz Althessen (Vil. 1868); Winze, Lockruf für Katze, Kassel (Gr. 1894); ,Katze‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Winzekatze ● ,Katze‘, Kassel 19., 20 Jh. (Gr. 1894). ● Hä es en Kerle wie ne Winzekatze. (Gr.)

Wippchen n. ● ,Flunkerei‘, Kassel 20. Jh.; ,Flausen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Mach keine Wibbchen! ,Flunker mir nichts vor!, Kassel; em en Wibbchen vormachen ,jem. etwas vorflunkern‘ (Hm.)

Wispel f. ● Wesbel ,Wespe‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wispelmännchen ● ,Wichtelmännchen‘, Kassel (Gr. 1894).

Wit f. ● Wäht ,Ordnung, Weise‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Hä äs ganz üs der Wäht. ,Er ist außer Rand und Band‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WitfrauWeddfrö ,Witwe‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WitmannWeddmann ,Witwer‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

witschen ● ,huschen‘, Kassel 20. Jh. ● Siehe wutschen.

WitzbeutelWitzebiedel ,eingebildeter junger Mann‘ , Kassel (Gr. 1894). ● Witz hier nicht im Sinne von ,Scherz‘, sondern eher im Sinn von ,Verstand, Esprit‘ (ältere Bedeutung). Gemeint ist also nicht ,Witzbold‘, sondern jem., der sich auf seine geistige Beweglichkeit etwas einbildet‘. Siehe witzen.

witzensech witzen ,sich für wichtig halten, stolz sein‘, Verneinung sech nicks witzen ,sich nichts einbilden, bescheiden sein‘, Kassel (Gr. 1894).

wöllnechtigwellenächdech ,ähnlich wie Wolle‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wuckeligwuckelich ,wackelig‘, Kassel (Gr. 1894); woggelech, Oberellenbach (Hm. 1926).

wuckeln ● ,wackeln‘, häufiger verwendet als wackeln, besonders in Niederhessen, besonders wenn das Wort transitiv gebraucht wird (Vil. 1868); ,rüttelnd etwas zum Wackeln bringen; auf Grund von Erschütterung wackeln; nahe am Bankrott stehen‘, Kassel (Gr. 1894); woggeln ,wackeln‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wuhlen ● ,wühlen; langandauernd verbissen arbeiten‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

wühlenwielen ,wühlen, unmäßig arbeiten‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wuhler ● ,einer, der langandauernd verbissen arbeitet; fast immer gemütlos‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

Wuhlersche f. ● weibliches Gegenstück zum Wuhler‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

wulchern ● ,dicht gedrängt einherziehen‘, oft vom Volksgewühl in den Straßen gebraucht, Kassel (Gr. 1894).

Wüllchen n. ● Willchen ,kleine Gans‘, Kindersprache, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wulle Wulle! ● Lockruf für die Gänse, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wülle Wülle!Wille Wille!, Lockruf für die kleinen Gänse, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wullegans ● ,Gans‘, kindersprachl., ,einfältige Frauensperson‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr.); ,Gans; einfältiges Frauenzimmer‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wullwatz ● ,dicke Person; mit dichtem Pelz umgebener Hund usw.‘, Kassel (Gr. 1894). ● Wulle ,Wolle‘; siehe Watz.

WürfchenWirfchen ,Branntweingläschen‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894). ● Drei Darreichungsformen des Brannweins: das kleinste Glas war das Würfchen, das nächstgrößere das halbe Kännchen (Halkännchen), auch Küheschelle (Kieweschelle) genannt; das größte ist das Kännchen, es wird in einem Fläschchen mit Beisetzgläschen (Biesetzegläschen) gereicht. (Lüttebrandt 1917).

wurfenworfen ,das ausgedroschene Getreide säubern, von der Spreu sondern‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wurgen ● worgen, wurgen, „eigentlich mit ch“ (Anm. von Gr.) ,würgen, mit Schwierigkeit schlingen; sich zum Essen und beim Essen zwingen‘, ,schlecht arbeiten, namentlich mit der Nähnadel‘, Kassel (Gr. 1894); wurjen, wirjen ,beim Essen würgen, das Essen hineinzwingen‘, ,mit Mühe oder Unverstand an etwas herumarbeiten‘, Kassel 20. Jh.; worjen (o geschlossen) ,würgen, mühsam schlingen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

würgenwärjen ,mühsam, auch hastig an etwas arbeiten‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WürgengelWerchengel ,Person (vor allem Kind), die durch Mangel an Schonung Spielsachen oder Kleidungsstücke ruiniert‘, Kassel (Gr. 1894).

Wurstebrühe, WürstebrüheWurschdebrieh ,Brühe in der der Metzger die Wurst gekocht hat, Kassel 20. Jh.; Werschdebrieh ,Brühe, in der die Wurst gekocht worden ist‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

WurstefritzWurschdefritz ,jem., der nachlässig ist im Hinblick auf Gaderobe, Aussehen, Manieren‘, Kassel (Gr. 1894).

WürsteläubeWerschdeleewe , Raum zur Aufbewahrung der Wurstvorräte‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wurstel f. ● Wurschtel ,in Kleidern sich übel haltende und einen wüsten Haushalt führende Frauensperson‘ (Vil. 1868).

wurstelnwurschteln ,ungeschickt arbeiten, herumhantieren‘, Kassel 20. Jh.; worschdeln ,ungeschickt arbeiten, durcheinander bringen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wurstenwurschden, siehe zusammenwursten.

WürstewerkWerschdewärk ,kleingehacktes oder gemahlenens Fleisch, das zum Füllen der Därme benutzt wird‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wurstigwurschdich ,nachlässig im Hinblick auf Gaderobe, Aussehen, Manieren‘, Kassel 20. Jh.

WurstschaleWurschdeschale, übertragen: ,schlechter, alter Mantel‘, Kassel (Gr. 1894).

WürstsoppeWerschdsobbe ,Schlachtfest‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Würze f. ● Wärze ,Gewürz‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Wurzelngähle Worzeln ,Möhren‘, Kassel (Gr. 1894).

wusseligwusselech ,lebhaft, rege, emsig‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wusselnwuseln, wusseln ,sich eilig, aber halb kriechend, unsicher bewegen‘, am meisten von kleinen Kindern gebraucht, allgemein üblich (Vil. 1868); ,sich (gebückt) hastig bewegen‘, Kassel 20. Jh.; ,sich schnell bewegen, lebhaft kriechen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wüstewiesde ,wild im Benehmen, in Unordnung‘, Kassel 20. Jh.; ,unbebaut; in Unordnung, durcheinander; wild, rauh, roh‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

wutschen ● ,(unauffällig, unversehens) schlüpfen, schleichen‘; mit Richtungsangabe: ninnwutschen, nuswutschen, wegwutschen, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894). ● Siehe witschen.

Wutz f. ● Wuz, Wutz ,Schwein‘, in schmeichelder, lockender Beziehung (Wutzchen), sehr gewöhnlich in Ziegenhain, Oberhessen und Fulda, nicht nördl. von der Eder, weniger gebräuchlich im südl. und östlichen Niederhessen (Vil. 1868); Wutz, Wutzchen, Kassel 20. Jh.


Z.

Zahnlade f. ● Zohnlore ,Kinnbacken, Kiefer‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zahnraffe f. ● Zohnraffe ,unvollständige Zahnreihe; Mensch mit schlechtem Gebiß‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zahnraffel f. ● Schimpfwort für alte Weiber, keine Angabe zur Verbreitung (Vil. 1868).

zammchen ● ,zitternde Bewegungen machen, mit Ungeduld auf etwas warten‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. zammen ,zucken, im Schmerz zusammenzucken‘, Haungrund (Vil. 1868).

Zänkebock ● ,zänkischer, streitsüchtiger Mensch‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zänken ● ,zanken‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zarle f. ● Zorle ,weibliche Person, die in großer Breite unwichtige Dinge erzählt‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zarlierenzorlieren ,unwichtige Dinge weitschweifig erzählen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zasseln Pl. ● ,die Fransen, die vom Zaum einer Zeugkante oder eines Kleidersaums abstehen‘, Kassel (Gr. 1894). ● in Zasseln ,in zerlumptem Zustand‘ (Gr.).

zeckernzäggern ,sich mit kleinen Schritten sehr lebhaft fortbewegen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zehn, Zehneder Zehn, Plur. die Zehne, Kassel (Gr. 1894); Plur. Zehnen, Kassel 19. Jh. (Jonas); die Zehne, Pl. die Zehnen, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zehr m. ● Zehr ,Teer‘, „bis vor kurzem“ in Hessen ganz allgemein üblich, herrscht noch an der unteren Schwalm (Wabern und Umgebung) (Vil. 1868); Zeer [Aussprache: Zähr] ,Teer‘, Kassel (Gr. 1894); Zähre f., Oberellenbach (Hm. 1926). ● Zehr ist korrekte hochdeutsche Enstsprechung zu nd. Teer, das im 16. Jh. ins Hochdeutsche übernommenen worden ist. Zeer kommt offenbar nur am nördl. Rande des Hochdeutschen vor, wozu das Niederhessische gehört. Zähre f., Oberellenbach, ist vermutlich in Form und Genus beeinflußt von Schmere (vgl. WeengschmähreWeengzähre, ,Wagenteer‘). ● Vgl. mnd. ter, tere m.(?) ,Teer‘, niederländ. teer m.

ZehrigelZeerigel ,Teer-Igel‘, nur als Fluch belegt: Du verfluchter Zeerigel!, Kassel 1926 (Chr. Müller).

zeisenzeesen ,zausen, zupfen, die Wolle vor dem Spinnen zupfen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. mhd. zeisen ,zausen, zupfen, besonders Wolle‘.

Zeite f. ● Zaide ,Mündung an der Brunnenröhre (dann der Brunnen selbst)‘, Kassel 19. Jh. (Herzog); Zeede ,Ausguß aus einem Gefäß‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

ZeitenstockZeidenstock ,(öffentliche) Brunnensäule‘, Kassel 19. Jh., abgekürzt auch Zeide genannt, Kassel 19. Jh. ● Siehe Zeitenstock auf dem Kasseler Königsplatz.

Zellerei ● ,Sellerie‘, Kassel 19. Jh., Gr. 1894). ● Komposita: Zellereistuden ,Selleriestauden‘, Zellereistiedchen ,Selleriestäudchen‘ (Gr.), Zellereiknullen ,Sellerieknollen‘, Kassel 19. Jh. (Jonas).

zergen ● ,in bösartiger Form necken, zum Zorn reizen, durch wiederholte aufregende Neckerei‘, allgemein üblich (Vil. 1868); zerchen ,necken, reizen, ärgern‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr.) sich zerchen ,sich, evtl. handgreiflich, aber harmlos streiten‘, Kassel 20. Jh.; zerjen ,reizen, necken, ärgern‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zibbe f. ● Ziwwe ,Hündin‘, in ganz Nieder- und Oberhessen gebräuchlich; Hündin wird niemals gebraucht (Vil. 1868); Zewwe ,Hündin; liederliches Frauenzimmer‘, Kassel (Gr. 1894); Zewwe (ertses e geschlossen) ,weibliches Kaninchen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

ZickehäschenZickehäschen machen ,so hintereinander hergehen, daß man sich an den Rock, am Saum des Kleides des Voranschreitenden hält, etwa wie ein Schleppenträger‘, Kassel (Gr. 1894).

Zicke-Zicke-Häschen! ● Aufforderung zu einem solchen Marsch, Kassel (Gr. 1894).

Zieche f. ● Ziege, Bettziege [!] ,Bettüberzug‘, Kassel (Gr. 1894); Zieche ,Bettbezug, Kissenüberzug‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Hä hot ’n Magen wie ne Bettziege. (Gr.). ● Vgl. mhd. zieche, ziech ,Bettedecken-, Kissenüberzug‘, ahd. ziahha, westgerman. Lehnwort, von lat. theca < griech. theke.

Ziegel f. ● die Ziejel ,der Ziegel‘, Kassel 20. Jh., Oberellenbach (Hm. 1926).

ZiegenbockZägenbock (ä lang), übertragen: Übername für den Schneider, Kassel (Gr. 1894).

Ziegenhainsu fäsde wie Zäjenhähng ,so fest wie Ziegenhain‘ (Ziegenhain galt früher als uneinnehmbar), Oberellenbach (Hm. 1926).

ZiegenhörnerZägenherner, in der Redensart: Hä es so derre wie ’n Sack vull Zägenherner. ,Er ist so dürr wie ein Sack voll Ziegenhörner‘, Kassel (Gr. 1894).

Ziegenschinder ● ,Nordostwind‘, Schmalkalden (kein Hinweis auf Hessen) (Vil. 1868); Zägenschenner ,scharfer, kalter Nordostwind‘, Kassel (Gr. 1894); Zäjenschenger ,scharfer, schneidender Wind, Nordostwind‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Ziehbetzel f. ● die weiße, an der Schwalm blaue Obermütze, die Frauen auf den Dörfern in Hessen über die eigentliche Mütze ziehen; hin und wieder so, daß dann noch ein schwarzsamtnes Mützchen auf die Ziehbetzel gesetzt wird; zum Abendmahl, zum Leichenzug; nur Mittelhessen (Vil. 1868); weiße, rundherum gekräuselte Mütze der Frauen, die den wesentlichen Bestandteil des Ziehbetzelwerks ausmachte, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Siehe Betzel, Ziewe.

Ziehbetzelwerk ● Kostbarste Kopfbedeckung der Frauen. Es wurde früher zum Abendmahl oder zu Beerdigungen angelegt: Das mitten auf dem Kopf zu einem runden Häuptchen zusammengekämmte Haar wurde zunächst mit der kleinen schwarzen Futterbetzel bedeckt, die unter dem Kinn festgebunden wurde. Dann folgte die eigentliche Ziehbetzel, die vorn bis auf die Stirn, über die Ohren und hinten bis in den Nacken herab reichte. Sie wurde mit Stecknadeln auf der Futterbetzel befestigt. Auf die Ziehbetzel wurde schließlich noch eine kleine spitze, mit herabhängenden Bändern versehene Haube gesetzt, die man mit schmalen Bändern unter dem Kinn festband. Die weiße Ziehbetzel schaute dann rundherum unter der schwarzen Haube hervor; die Futterbetzel war nicht sichtbar. Oberellenbach (Hm. 1926).

Ziehbibel f. ● Ziehbiewel ,Ziehharmonika‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Ziehmähre f. ● ahle Ziehmähre ,Zugpferd (von geringem Wert); Person, von der man viel saure Arbeit, Dienstleistung verlangen darf‘, Kassel (Gr. 1894).

Ziewe ● ,enganliegende Haube der Kasseler Frauen im 18. und Anfang des 19. Jh. (beim Abendmahl und dgl.)‘, Kassel (Gr. 1894). ● Ziewe, Verkürzung aus *Ziehhauwe ,Ziehhaube‘. ● Siehe Ziehbetzel.

ziffersch ● ,zyprisch‘? ● Äs macht ’n Gesichte wie ne ziffersche Katze. Kassel (Gr. 1894). ● Gr. vermutet in der zifferschen Katze ,Zypernkatze‘, die „schwarze Streifen auf grauem Grund“ hat.

zingernzingern, zengern ,beben, längs durch die Glieder zucken (z.B. wenn man sich an den Ellenbogen gestoßen hat)‘, Kassel (Gr. 1894); zengern ,schmerzhaft in den Gliedern reißen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zinken m. ● ,Stück, z.B. Stück Brot, Knoblauchzehe; krumme Nase; kurze, ordinäre Tabakspfeife‘, Kassel (Gr. 1894), neben der üblichen Bedeutung: ,auffällig hervorstehende Nase‘, Kassel 20. Jh.

Zipfel m. ● Zibbel ,Zipfel; Endstück (z.B Wurst)‘, Kassel 20. Jh.; ,äußerstes Ende (z.B. Wurstzipfel)‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zipfen m. ● Zibben ,äußerstes Ende, Zipfel, Spitze (z.B. eines Ackers, eines Sackes)‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zissel m. ● „wilde, rohe Musik, ausgeführt von einer Anzahl Dilettanten, z.T. mit improvisierten Instrumenten, nebst Illumination in Biergärten, besonders auf dem ,Bunten Bock‘ und auf der Fulda großes Sandschiff und an dreißig kleine Kähne. (Im Anfang der 1850er Jahre, als wir noch unter der ,Mißregierung‘ so ,unglücklich waren).“ Kassel (Gr. 1894); ,sommerliches Kasseler Volksfest an und auf der Fulda‘, Kassel, 20. Jh. ● Siehe zisseln und Der Zissel – Vorgeschichte.

zisseln ● ,auseinanderstreuen, ausschütten‘ (Vil. 1868); „ist das Verb zu Zissel“; ,zerstreuen, verzetteln‘, Kassel (Gr. 1894), ,Zissel feiern‘, Kassel 20. Jh.; zesseln ,auseinanderstreuen, streuen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vil. weist auf Vorkommen des Wortes in Schwaben hin: liegendes Gras wird mit der Hand oder dem Rechen gezisselt, damit es dürr werden kann.

ZitronatZeddernahd, „was me in den Kuchen diehd“, Kassel (Gr. 1894).

Zittel m. ● Ziddel ,Zettel‘, Kassel 1926 (Chr. Müller); Zerrel (erstes e geschlossen), Oberellenbach (Hm. 1926).

Zitterene, Zirene f. ● Zedderehne, auch: Zerehne ,Flieder‘, Kassel (Gr. 1894); Citterene ,Syringe‘, Balhorn (Sl. 1901); Zireene ,Flieder‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Von syringa (vulgaris) ,Flieder‘. In Zitterene liegt sicherlich Beeinflussung durch Zitrone vor, siehe Zitronat.

Zocker ● ,Zucker‘, Kassel (Gr. 1894), Zogger (o offen), Oberellenbach (Hm. 1926).

ZockersteinZoggersteeng ,Bonbon‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zockerwecke m. ● Zoggerwägge ,süße Semmel‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zockerwerk ● ,Zuckergebäck‘, Kassel (Gr. 1894); Zoggerwärk ,Zuckergebackenes, Süßigkeiten‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Äs verkeift sich wie Zockerwerk. ,Es verkauft sich gut.‘ (Gr.)

Zores m. ● ,Unfug, fröhliches Lärmen; barer Unsinn‘, Kassel (Gr. 1894); ,Unfug, lärmende Streiterei‘, Kassel 20. Jh. ● Aus dem Jiddischen.

Zotte m. ● Zodde ,Zote; Gußrinne oder Nase an einem Topf‘, Kassel (Gr. 1894); Plur. Zodden ,Zoten‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zubafen ● ,zuschlagen, mit großer Heftigekit schließen (Tür)‘, Kassel 20. Jh., Oberellenbach (Hm. 1926).

zublinzenzublenzen ,anblinzeln, durch Blinzeln etwas zu verstehen geben‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zuckeln ● ,säumig, zögernd, langsam gehen‘, Niederhessen (Vil. 1868), Kassel 20. Jh.

zuhamelnsech zuhameln ,sich die Kleidung auf aufgeweichter Straße mit (feuchtem) Straßendreck beschmutzen‘, Kassel (Gr. 1894). ● Von Hamel ,Hammel‘.

zuklundernsech zuklunnern ,sich auf aufgeweichter Straße die Kleider beschmutzen‘, Kassel (Gr. 1984). ● Siehe Klunder.

zuning ● Adj. ,geschlossen‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Weiterbildung von zu.

zupfelnzubbeln ,zupfen, zerren, ziehen‘, Kassel (Gr. 1894).

zurichtensech zurichden ,sich schmutzig machen, einsauen‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr.)

zuruckezerucke ,zurück‘, Kassel (Gr. 1894). ● Erloschen; Ersatzform im 20. Jh.: zerigge, von zurück.

zusammenballernzesammenballern trans. ,zusammenschießen, mit Getöse zusammenschlagen; jem. mit Worten fertigmachen, zusammenscheißen‘, Kassel 20. Jh.; intr. ,mit Getöse zusammenstoßen (z.B. Autos)‘, Kassel 20. Jh.

zusammendribbelnzesammendriwweln ,etw. (zwischen Daumen und Zeigefinger) zusammendrehen (z.B. Fäden)‘, Kassel 20. Jh.

zusammenknuttelnzesammenknuddeln ,knotenartig zusammendrücken‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr.).

zusammenkraufenzesammengrüffen ,zusammenkriechen, zusammenschrumpfen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zusammenläppernsich zesammenläbbern ,sich nach und nach in kleinen Teilen zu einem Ganzen vereinigen‘, Kassel 20. Jh., Oberellenbach (Hm. 1926).

zusammenwurstenzesammenwurschden ,Stoffteile, Garderobe rücksichtslos und unordentlich zusammenpressen‘ (z.B. Garderobe in den vollen Schrank), Kassel 20. Jh.

zusauenzusauen ,beschmutzen, eindrecken‘, Kassel 20. Jh., zusöien, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Gleichbedeutend: einsauen, Kassel 20. Jh.

zuschustern ● ,bei etwas Geld zusetzen, opfern, verlieren; unterstützen‘, Kassel 19., 20. Jh (Gr. 1894); ,Geld aus eigenem Vermögen zusetzen; jem. einem Vorteil zukommen lassen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zussel f. ● ,Büschel Haare‘, Plur. Zusseln ,ungekämmtes, struppiges Haar‘, Kassel (Gr. 1894), dasselbe, außerdem: ,ungekämmte, unordentliche Frauensperson, Kassel 20. Jh.; Zossel ,unfrisiertes, unordentliches Frauenzimmer‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. mhd. zûse ,Gestrüpp, Haarlocke‘.

ZusselkopfZusselkopp ,ungekämmter Kopf; ungekämmte Person‘, Kassel 20. Jh.

zusseligzusselich ,ungekämmt, unordentlich (Kleidung)‘, Kassel 20. Jh.; zosselech ,unfrisiert, unordentlich‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zusseln ● ,zausen‘, Kassel (Gr. 1984); ,an einer Person oder Sache herumzausen, heftig daran rimmezubbeln‘, Kassel 20. Jh. ● Siehe verzusseln. ● Vgl. mhd. zerzûsen, erzûsen ,zausen, rupfen‘.

ZustreckewegZusträckewäk ,kürzerer Weg, Abkürzung‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zwarszworsch ,zwahr‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zwatternzwaddern ,fortgesetzt sich öffnen und schließen (Augen)‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zwehle f. ● Zwehle ,Tischtuch, Tuch aus linnenem Bildzeug, welches die Frauenspersonen auf den Dörfern beim Gehen über Feld, zumal beim Gehen zu Markte, über Kopf und Köze hängen, „nur noch“ in der Gegend von Kassel bis an die untere Schwalm (Wabern) und der Diemelgegend (Tweile) üblich (Vil. 1868).

Zwehle f. ● Zwahle ,gegabelter Ast‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zwick m. ● än Zwick ,einen Zwick, auf einmal, plötzlich, sehr schnell‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zwicken ● ,(ein Gläschen) rasch (aus-)trinken‘, Kassel (Gr. 1894).

Zwirbel m. ● Zwerwel ,sehr bewegliche, lebhafte Person‘, Kassel (Gr. 1894).

zwirbeln ● ,sich im Kreis herumdrehen‘, am üblichsten an der unteren Rhön (Kreis Hünfeld) (Vil. 1868). ● Siehe verzwirbeln, zwurbeln.

Zwiesel f. ● ,gabelförmig gewachsener Ast, wie man sie zu Rechen, Sätteln und dgl. gebraucht‘, allgemein üblich (Vil. 1868); Zwissel ,Zweig‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Zwitzvogel ● ,Schmetterling‘, in einigen Gegenden üblich: Rotenburg, Grandenborn, Grebendorf u.a. (Vil. 1868); Zwitzfeel, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Gelegentlich Zwicksvogel gesprochen, die übliche Bezeichnung ist Buttervogel (Vil.).

Zwurbel m. ● Zwurwel ,sehr bewegliche, lebhafte Person (meist auf Kind bezogen)‘, Kassel 20. Jh.

Zwurbellatz m. ● Zwurwellatz ,Kreisel‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

zwurbelnzwurweln ,zwirbeln, zwischen den Fingern drehen (z. B. Faden, Haar), Kassel 20. Jh.; ,sich fortwährend im Kreise drehen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).


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