Wörterbuch der niederhessischen Mundart, T – V

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'''uräß''' ● (''ä'' lang) ,des Essens überdrüssig‘, Kassel bis in die 1820er Jahre, danach ausgestorben, erhalten hingegen das zugehörige Verb ''veruräßen'', s. d. (Vil. 1868). ● Zu Vil.s Zeiten war das Wort offenbar noch sehr vebreitet, er führt u.a. auf ''ures'' ,des Essens überdrüssig, überdrüssig überhaupt‘, Oberhessen.
 
'''uräß''' ● (''ä'' lang) ,des Essens überdrüssig‘, Kassel bis in die 1820er Jahre, danach ausgestorben, erhalten hingegen das zugehörige Verb ''veruräßen'', s. d. (Vil. 1868). ● Zu Vil.s Zeiten war das Wort offenbar noch sehr vebreitet, er führt u.a. auf ''ures'' ,des Essens überdrüssig, überdrüssig überhaupt‘, Oberhessen.
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Version vom 18. November 2014, 17:01 Uhr

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T.

Siehe unter D. – Im ausgehenden Mittelalter ist im Wortanlaut t zu d geworden.


U.

übelnehmischewwelnähmsch ,leicht etwas übelnehmend‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

überiwwer, ewwer. ● iwwer un diwwer ,über und über‘, Kassel 19. Jh.; ewwer un dewwer ,über und über, überall‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Niederhess. un geht natürlich zurück auf älteres und. Das auslautende d hat sich in der Redewendung iwwer un d-iwwer durch bindende Aussprache erhalten und ist an das Folgewort angewachsen.

überecksewwerex(t) ,von ungefährt, unerwartet‘, Kassel (Gr. 1894); ewwereggs ,quer, verdreht, schief‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

übereinzigüberenzig ,übrig‘, üblich durch ganz Althessen (Vil. 1868).

überhelfenéwwerhalfen ,zu jemandes Untergang, Tod beitragen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

überkäppisch ● ,schielend (nach oben gerichtete Augen)‘, allgemein üblich; ,verrückt, nicht recht bei Verstande, närrisch‘, so hin und wieder gebräuchlich (Vil. 1868); ewwerkäppsch ,schielend‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

überläng ● Adj. und Adv. ,überflüssig, übrig‘, in ganz Hessen nicht nur die vorherrschende, sondern in den meisten Gegenden die allein übliche Bezeichnung; überflüssig und übrig sind nirgendwo in Gebrauch (Vil. 1868); ewwerlänk ,übrig‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Überläufe Pl. ● Ewwerleefe ,Reste einer Mahlzeit‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

ÜbermannEwwermann ,Obermann, d.h. Oberkörper‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

ÜbermaulEwwermüll ,Obermaul, d.h. Oberlippe‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

überruspeltewwerrusbeld ,leicht überfroren, mit ganz dünnem Eis überzogen‘, Kassel (Gr. 1894).

überschießenéwwerschießen ,in Verwesung übergehen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

überschwackeniwwerschwaggen ,überschwappen; zum Überschwappen bringen‘, Kassel 20. Jh.

überstrippeniwwerstribben ,überstreifen‘ (etwa die Handschuhe, Bekleidungsstücke), Kassel 20. Jh.; ewwerstribben ,nachlässig über etwas streifen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

überteufelnewwerdaiweln ,übervorteilen, überlistn, überholen‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

ÜberwindEwwerwänt; wenn jemand im Tale steht, so hat er „Überwind“, d.h. der Wind weht über ihn hinweg, erreicht ihn nicht, Oberellenbach (Hm. 1926).

überwindlichewwerwindlech ,oberflächlich, unsorgfältig‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

überzwerch Adv. ● ewwerzwerch ,quer, in die Quere, verkehrt‘, Kassel (Gr. 1894).

Ulbeer m. ● Ühlbeer ,„Eulbeer“, halbverschnittener Eber‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Unart m. ● ,unartiges, ungezogenes Kind‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894); ,ungezogenes Kind‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Unbaten m. ● Unbaden ,Unglück, Unfug (eigentlich: unnütze Dinge)‘, auch gelindes Scheltwort für wilde Kinder (Vil. 1868); Unbaden ,Unfug, Lärm, Ausartung‘, Kassel (Gr. 1894); Umboren ,Unheil, Unfug, Unordnung‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. mhd. unbate f. ,Ungewinn, Hilflosigkeit, Schaden‘; mnd. unbate ,Nachteil, Schaden‘. ● Siehe Bate.

unbeschlabbert ● in der Redensart unbeschlawwert un unberufen ,unbesprochen, nicht beredet‘, damit eine Sache eintrete und nicht durch Verreden gar das Gegenteil eintrete, Kassel (Gr. 1894).

Unflat m. ● 1. „wie gemeinhochdeutsch“ [gemeint ist etwa ,widerlicher Dreck‘], 2. ,unkeuscher, ungezogener, widerwärtiger Mensch‘, Scheltwort, auch halb scherzhaft gebraucht (Vil. 1868); Unflat ,jem. ohne Benehmen‘, Kassel 20. Jh.; Unflot (o offen) ,widerwärtiger Schmutz; widerwärtiger, ungeschliffener, unersättlicher Mensch‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. mhd. unvlât m., n., (md. auch f.) ,Schmutz, Unsauberkeit‘; mnd. unvlât m., f. ,Unreingkeit, Schmutz; gemeiner, roher Mensch‘. – Mhd. â hätte spätmittelalterl. zu offenem o führen müssen, wäre in Kassel und Umgebung als solches erhalten, hätte sich im übrigen Niederhessischen zu geschlossenem o weiterentwickeln müssen. Das Wort ist also – wegen seiner lautl. Gestalt – als nachmittelalterl. Übernahme aus dem Hdt. anzusehen.

unflätischunfläd’sch ,unflätig‘, Kassel (Gr. 1894); unflidsch ,unflätig, ungeschliffen, unersättlich‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Das Wort hat im Mhd. und Mnd. keine Parallele.

Ungel ● „fem., jetzt neutr.“ ,Talg‘, Niederhessen, huptsächlich in der Umgegend von Kassel, besonders in dem Kompositum Ungellicht ,Talglicht‘ (Vil. 1868).

Ungetierze s. ● Ungedierze ,Untier, Ungetüm‘, vor allem Schimpfwort: ,körperlich häßliche oder moralisch fragwürdige Person‘, Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

UngezogUngezoch (o kurz) ,schlecht erzogener Mensch‘, Kassel (Gr. 1894).

Ungezwang ● ,schlecht erzogener Mensch‘, stärker als Ungezoch, Kassel (Gr. 1894).

Unleid m. ● ,jem., der unleidig ist‘ (verhaltene Kritik ausdrückend, oft schäkernd), Kassel 19., 20. Jh. (Gr. 1894).

Unmaßen Pl. ● Ummoßen (o geschlossen) ,Beschwerden, Mühe‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Mach dä ogger keenge Ummoßen ,Mach dir nur keine Umstände‘ (Hm. 1926). ● Vgl. mhd. unmâze f. ,Maßlosigeit, Unermeßlichkeit, Unziemlichkeit‘. Hm. sieht in dem Wort – was lautlich aber nicht paßt – das bei Vil. (1868) genannte Unmuße. Möglich, daß es hier zu semantischer Beeinflussung gekommen ist.

Unmuß m. ● ,Durcheinander‘, Kassel 20. Jh. ● Mach doch nit so ’n Unmus. ,Richt doch nicht so ein Durcheinander an.‘, Kassel 20. Jh. ● Ist zu Unmuße zu stellen (siehe im folgenden), abgeleitet allerdings eher von der mhd. Variante unmuoz (für die auch mask. Geschlecht vermutet wird). Zu Unmuß gehört das geschäftige Anrichten des Durcheinanders, nicht allein das Ergebnis. Möglicherweise semantische Beeinflussung durch Mus (Must) ,Brei‘ (als Durcheinandergerührtes).

Unmuße f. ● Unmuße, meist Unmust gesprochen, ,dringende, lästige Beschäftigung; Beschwerde, Beschwerlichkeit, Verdrießlichkeit‘, allgemein üblich (Vil. 1868). ● Vgl. mhd. unmuoze f., unmuoz (viell. auch m. und n.) ,Unruhe, Mangel an Zeit‘, auch ,freundliche Geschäftigkeit‘.

UntätchenUndähdchen ,kleine Beschädigung‘, Kassel (Gr. 1894); ,kleine Beschädigung, kleiner Fehler, Makel‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Äs es noch kein Undähdchen drahne. ,Es ist noch nicht die geringste Beschädigung daran wahrzunehmen.‘ (Gr.)

unterunner, unger, ünger, enger. ● Siehe auch bunter.

UntergekochtesUnnergekochdes ,Eintopf‘, Kassel 20. Jh.

UntermannEngermann ,Unterkörper‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

UntermaulEngermüll ,Unterlippe‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Untern n. ● Undern, gesprochen Unnern, ,Nachmittag‘, Gegend der unteren Schwalm und Eder bis über Gudensberg hinaus (Metze, Ermetheis), bis an die Grenze der ndt. Bezirke, nördl. Teil der Grafschaft Ziegenhain und Oberhessen, im übrigen Hessen völlig unbekannt (Vil. 1868). ● Vgl. mhd. undern, untern m. ,Mittag‘, auch ,Mittagessen, Vesperbrot‘; mnd. undern ,Mittag‘; abgeleitet von unter im Sinne von ,zwischen‘, Untern also eigentlich ,Zwischenzeit‘.

Untucht f. ● Undocht ,Untugend, Ungezogenheit‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. mnd. ducht f. ,Tüchgtigkeit, Tugend; Furcht, Ehrfurcht’, mnd. unduchtich ,nichts taugend, schlecht‘.

unverkoren ● ,kränkend, beleidigend‘, meist mit Wort verbunden, mitunter auch: ,ohne Rückhalt, gerade heraus; derb‘, sehr üblich (Vil. 1868); ,verletzend (in der Rede, Wortwahl)‘, Kassel (Gr. 1894); ,verkehrt, beleidigend, verletzend (Rede, Wortwahl)‘, Oberellenbach (Hm. 1926).

Upch m. ● Übch ,kleines, armseliges Geschöpf‘, Oberellenbach (Hm. 1926). ● Vgl. Ulpch ,Dummkopf, Tölpel‘, voorwiegend Oberhessen (Vil. 1868).

uräß ● (ä lang) ,des Essens überdrüssig‘, Kassel bis in die 1820er Jahre, danach ausgestorben, erhalten hingegen das zugehörige Verb veruräßen, s. d. (Vil. 1868). ● Zu Vil.s Zeiten war das Wort offenbar noch sehr vebreitet, er führt u.a. auf ures ,des Essens überdrüssig, überdrüssig überhaupt‘, Oberhessen.


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