Unterneustädter Mühle

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Die Unterneustädter Mühle in Kassel, am rechten Fuldaufer; Baubeginn 1538, Abbruch 1912.

Unterneustädter Mühle. -- P. Heidelbach: Kassel (1957), S. 73; ebd. Übernahme aus A. Holtmeyer, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Reg.-Bez. Cassel, Bd. 6 (1923).
Unterneustädter Mühle, um 1840. Gemälde von Ernst Metz 1942. -- E. C. Metz, Residenzstadt Cassel (1980), S. 41, Taf. 15 (Ausschnitt), hier: Archiv Harald Metz, Bickenbach.
Blick auf das rechte Fuldaufer mit Unterneustädter Mühle und dem kleinen Finkenherd, 1910. Zeichnung von Wilhelm Thielmann. -- P. Heidelbach: Kassel (1957), S. 233.
Cassel. An der Fulda (1910/12). Von Walter Schwabe. -- Abb. publ. v. Horst Hamecher in Heinrich Jonas: Der Kurferschd un das ahle Wibb us Zwehren (1992), S. 57.
Blick ans Fulda-Ufer der Unterneustadt, 1921. Federzeichnung von Ernst Metz -- E. Metz, Alt-Cassel (1922); hier: Archiv Harald Metz, Bickenbach. -- Die Mühle ist inzwischen abgebrochen worden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bau und Funktion

„Anstelle einer schon 1398 erwähnten älteren Mühle am rechten Fuldaufer, die zum Ahnaberger Kloster gehörte, ließ Landgraf Philipp im Jahre 1538 einen Neubau […] errichten.“ Die Bauarbeiten sind vermutlich 1543 abgeschlossen worden[1]; „es scheint zweifelhaft, ob um diese Zeit auch schon die innere Einrichtung, die die Mühle gebrauchsfertig machte, fertiggestellt war.“[2] Die „Schöpfung Philipps […] war dadurch besonders merkwürdig, daß sämtliche Wasserräder – sie hatte zwölf Gänge – durch künstliche Aufzugswerke bei hohem und niederem Wasserstand in Gang gehalten werden konnten.“[3] „Im Jahre 1614 mußte die Mühle, die aus einer Mahl-, Schlag-, Schneide- und Bohrmühle bestand, erneuert werden. – Der langgezogene Bau bestand aus einem in Bruchsteinen gemauerten Erdgeschoß, das den dreigeschossigen Dachstuhl trug. Das gewaltige Dach, das mit sogenannten ‚Biberschwänzen‘ gedeckt war und zahlreiche Gaupen trug, schützte die weiten übereinander angeordneten Bodenräume, wo große Vorräte an Korn und Mehl gelagert werden konnten, vor den Unbilden der Witterung. Die Tore und Fenstergewände bestanden aus gut bearbeitetem Sandstein. Am Südtor, also flußaufwärts, befanden sich Wasserstandsmarken, die von zahlreichen Hochwasserkatastrophen von 1552 bis 1841 berichteten.[4] – Die den Mühlen vorgelagerten Flußbefestigungen (Werke), der ‚Kleine‘ und der ‚Große Finkenherd‘ (am gegenüberliegenden Fuldaufer), sollten die in ihrem Schutze liegenden Mühlen im Kriegsfall schirmen und decken; gleichzeitig aber sollten sie auch das Fuldawehr, das sich von der nördlichen Spitze dieser Bastion quer zum linken Flußufer hinüberzog, mit Geschossen bestreichen und nicht zuletzt auch den von der Wasserseite her etwa anstürmenden Feind abwehren können. – Unter den Nachbarhäusern der alten Mühle fällt das hohe Fachwerkgebäude mit Mansardendach, das der Mühle vorgelagert war und sich hoch über der Flußmauer erhob, besonders auf“, es war das Wohnhaus der Mühlenmeister.[5]

Das Ende der Mühle

„Im Jahre 1912 bereitete die Durchführung der Fuldaregulierung der alten Mühle, die für die Geschichte des Wirtschaftslebens der Stadt Kassel jahrhundertelang von großer Bedeutung gewesen war, ein schnelles Ende. Wiederholt aus den Kreisen des Heimatschutzes erhobene Einwände gegen den Abbruch hatten […] keinen Erfolg.“[6]

In Kassel gab es im Jahre 1912 einen „Kampf um den Erhalt des historischen Bauwerks […]. Vor dem Hessischen Geschichtsverein setzte sich im Februar 1912 Regierungsbaumeister Dr. A. Holtmeyer für den Erhalt der Mühle ein. Neben dem kulturellen Wert des Bauwerks betonte er vor allem die geschichtliche Bedeutung der Mühle […].[7] Nicht nur die Kasseler, sondern auch viele große deutsche Zeitungen […] sprachen gegen den Abriß der Mühle. Allen Protesten zum Trotz schrieb die Stadt den Abbruch des Bauwerkes aus. […] Da griff der preußische Kultusminister von Trott zu Solz in die Geschicke der Hauptstadt seines Heimatlandes ein und ordnete an, ‚daß die alte malerische Unterneustädter Mühle als ein in historischer und kunstgeschichtlicher Beziehung überaus wertvolles Bauwerk solange als möglich erhalten bleiben soll und daß deshalb dem Stadtbauamt die Genehmigung zum Abbruch der Mühle rundweg zu versagen ist.‘ […] Aber am 29. Juni 1912 zog der Kultusminister seinen Einspruch plötzlich zurück. Der Stadtverordnetenbeschluß, die Unterneustädter Mühle durch einen Ruderverein abreißen zu lassen, der an ihrer Stelle ein Ruderboots- und Klubhaus plante, konnte nun durchgeführt werde. […] Für immer verschwand eine der malerischsten Partien am Fuldaufer Altkassels.“[8]

Quellen

Querverweise

Netzverweise

Anmerkungen

  1. „Eine alte Kasseler Chronik berichtet, daß beim Bau dieser Mühle ein wandernder Geselle, namens Kersten, beschäftigt war, der nach Beendigung der Arbeiten mit einem anderen Mühlenbau-Gesellen, Franz Hartmann, Kassel verließ, um nach Braunschweig zu wandern. Auf dem Enkeberg bei Spickershausen überfiel er seinen Genossen im Schlaf, schlug ihn schier zu Tode und beraubte ihn seines ganzen Arbeitslohns. Er wurde ergriffen und 1543 auf der gleichen Stelle, an der die Tat geschah, hingerichtet.“ (Metz, S. 95)
  2. Metz, S. 95.
  3. Heidelbach, S. 73.
  4. „Unter ihnen war eine über dem Scheitel des Torbogens in Höhe von etwa drei Metern angebrachte Marke mit dem Vermerk: ‚1643 – Wasserflut den 6. Jan‘, die durch eine aus dem Stein herausgehauene Hand besonders hervorgehoben war, bemerkenswert. Die Nacht vom 5. Januar dieses Jahres brachte der Stadt das größte Hochwasser, das seit Menschengedenken erlebt worden war. Es riß allein in der Unterneustadt acht Wohnhäuser ein und brach große Teile aus dem Stadtwall heraus.“ (Metz, S. 96)
  5. Metz, S. 95 f.
  6. Metz, S. 96.
  7. Unter den Gegnern des geplanten Mühlenabbruchs war auch Paul Heidelbach. Siehe seine Publikation Auf Abbruch zu verkaufen - Eine Abrechnung mit dem Stadtbauamt der Residenzstadt Cassel. Kassel 1912. - Nachdr.: Hess. Heimatbund, Kreisstelle Kassel, 1976.
  8. Hermsdorff.

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