Lenze und Lutze

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Der obige Text, Teil einer kürzlich in Fritzlar entdeckten mittelalterlichen Handschrift, wurde von mir in der Schreibung unverändert belassen, jedoch mit Umlaut- und Satzzeichen versehen. Etliche ‚e‘ im Wortauslaut vor vokalisch anlautendem Folgewort wurden punktiert (‚‘), d. h., diese ‚e‘ werden nicht gesprochen. ‚Z‘ ist im Anlaut als ‚z‘ auszusprechen, sonst als ‚z‘ oder ‚s‘ (man kann sich meist an der neuhochdeutschen Entsprechung orientieren); ‚v‘ ist als ‚f‘ auszusprechen, ‚ht‘ und ‚lh‘ als ‚cht‘ und ‚lch‘. Kalli Klein

Siehe hierzu Interview mit Kalli Klein auf S. 16. Red.


Lenze und Lutze

Von argen buben ein mere in siben possen


Von Cunze von Leimbach (um 1300, mittelniederhessisch)


         Der vörlouf

Manec sage mac man vinden von verworhten, bösen kinden. Solher zwene, wid erkennet, Lenz und Lutze sin genennet. wolde man mit klugen leren zeme guden si bekeren, danne lacheten die schüllen und uf daz begunden grüllen. ja is iemer man bereide zaller erg und nidecheide! menschen ranzen, dier verquelen, eppel unde biren stelen – ane meld is daz genemer und ouch sunder wan bequemer, dann in kirchen oder schule stede sitzen ufme stule. doch ouwe! – sodane venden müzen ockers übel enden, und ein zil vel ungemeit Lenzen unde Lutzen beit. des is, daz die beiden triben, hie gemalet joch verschriben.

      Die erste posse

Hüner hat man allewege gern in hude und in plege: beide von der eiger wegen, die si vlize suchent legen, und daz man sich edewenne braden mac ein veize henne. me noch bringet nützecheit dirre diere vederkleit, so manz in daz bette dut: gegen kelde is ez gut. ouch die alde wittib Behte lac undankes kül und slehte. driger hüner si gewielt und ouch einen hanen hielt. Lenz und Lutze sahen zu, wie man Behten argez du. dannen eines brodes ende sniden si enzwei behende in vier stumbel vingergroz. krüzewise man beschoz mit zwein snüren dise stücke unde leide si mit dücke nu zer Behten ungemache reht in ere hovesache. nu daz aber sach der hane, finc he lude krejen ane: „kikriki, kikiriki!“ „dac dac dac!“ do quamen si. ieclich swulh da von dem brode girlich einen der vier schrode. so daz brot nu was geslicket, waren vele si bestricket. was begunde do ein zogen, zarren, dinsen unde gogen krüzewise vör und wider! uf si vlugen unde nider, biz der armen diere hast nu besloz ein spacher ast. ere drozzen wurden lanc unde dunkel ere sanc. ieclich rasch ein ei noch leide, danne quam der dot bereide. aber dirre starke riez Behten kume slafen liez. in der döre wande Behte, daz si niht ensehe rehte! sa man horde ere wuf und er armen jamerruf: „mines libes schönsten troum stal zeware dirre boum!“ trurecliche hup daz wip uf nu ere scharfen knip. ere was die schouwe leit, danne si die doden sneit von des boumes aste nider unde ginc zem huse wider.

      Die andere posse

Doch do Behte nu verwant ere leit, des si bevant, dahte wider si und vör, daz ez si die beste kör, briede si die lieben dier zeinem brasse alle vier, die so vrü zer urloup namen. Behten do die trene quamen: ja was doch die trure groz, nu die hüner bar und bloz lagen uf dem herde heizen. ach, wie sus bevör der zeizen diere quecker krat und sanc trütlich in dem hove klanc! Behte aber gunde riezen unde liez die zere vliezen. sit die buben gudez smahten, uf zem dache si sich mahten, da si sahen dörch den slat nidene die guden brat. in der panne uf dem vüre sanc ez lieplich und gehüre. Behte ginc mit eime deller nider zeme vazz im keller, da der sure kol was inne, wold en holen mit dem sinne, daz sin süde, wande heiz smecket wol he, so man weiz. vlize was man uf dem dache inne des bi arger sache. Lenze mid enbore brahte einen hamen mit bedahte. do da neic der ham und seic, snap! – ein hun gach ufwert steic, snap! – noch einez was im slade, snap! – daz dritte reis der brade, snap! – verswant daz leste dier – obe waren alle vier. swie der hunt do bellen mohte, sin geschelle wenec dohte. doch die buben ungemach, rasch verliezen si daz dach. ockers werre musez stufen! Behte sa begunde wufen, do si zu der panne quam unde ledec si vernam. nu die hüner vuren hinnen, Behten quam der hunt ze sinnen: „hunt, din übelheit is schin, des saldu gestrafet sin!“ Behte nam den leffel lanc unde sa den hunt bedranc. gelle schallete sin gac, sit unrehtes he enplac. Lenz und Lutze nach dem vraze sliefen sat in einer saze, unde von dem brass alein schinen uz zwei hunes bein.



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