Königsplatz

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Der Königsplatz in Kassel.

Ausschnitt aus Plan von Andrews, 1780 (der Plan gibt noch den Stand von vor 1768 wieder)
Ausschnitt aus Plan von Koppen, 1830
Königsplatz, 1820. Aquarell von Philipp L. Feidel. -- P. Heidelbach, Kassel (1957), S. 221.
Der Königsplatz mit dem Posthaus, den „Hallen", der Martinskirche und dem Druselturm im Jahre 1825. Gemälde von Ernst Metz 1970. -- E. C. Metz, Residenzstadt Cassel (1980), S. 51, Taf. 20; hier: Archiv Harald Metz, Bickenbach.
Blick vom Königsplatz in die Obere Königsstraße Richtung Friedrichsplatz, um 1890. Ölgemälde von Friedrich Fennel. -- K.-H. Wegner,'Bilder aus dem alten Kassel (1995), S. 77.
Die Kreissparkasse Cassel am Königsplatz 1910. Gemälde von Ernst Metz. -- Archiv Harald Metz, Bickenbach.

Inhaltsverzeichnis

Der Platz

Der Königsplatz wurde nach Schleifung der Kasseler Festungswerke nach Plänen von Simon Louis du Ry 1768 „als Schaltstück zwischen der Kasseler Altstadt und neuen Bebauungsgebieten“[1]angelegt. Das „Neue Thor“ in der bisherigen Befestigung wurde in die auf den Platz „einmündende Kölnische Straße hinausgerückt und nun ,Cölnisches Thor‘ genannt [...]. – Der kreisrunde Platz führte, wie die ihn durchschneidende Straße, seinen Namen nach Landgraf Friedrich I. (1676 – 1751), dem älteren Sohn und Nachfolger des Landgrafen Carl, der durch seine zweite Heirat mit Ulrike Eleonore König von Schweden geworden war. [...] Eine gewisse Merkwürdigkeit bildete der Mittelpunkt des Platzes, von dem aus man ,bei Abendstille‘ ein Echo mit sechsfachem Hall, das sich manchmal gar zu einem ,Heptophon‘ (siebenstimmigen) auswuchs, hören konnte. […] – Eine weitere Eigentümlichkeit dieses schönen, kreisrunden Platzes war die aus sämtlichen in Hessen vorkommenden Gesteinsarten bestehende verschiedenartige Pflasterung, die, in Form und Farbe entsprechend zusammengestellt, in der Peripherie unterschiedliche Ringe, im Innern aber ein gemustertes Mittelstück aufwies. Sie verschwand bei der Gleisanlage der ,Tramway-Bahn‘ (später ,Casseler Straßenbahn‘) im Jahre 1878.“[2]

Die Randbebauung

Das Postgebäude

„Als eines der ersten Gebäude, die den Königsplatz umsäumten, entstand 1771-72 das stattliche Postgebäude auf der Nordseite des Platzes, das die Nachfolge des Posthauses in der Hohenthorstraße, hinter der Martinskirche, antrat. Die Pläne für den Postbau hatte Simon Louis Du Ry geliefert. Er bildete einen geschlossenen Vierflügelbau mit einem länglichen Binnenhof und schloß sich der Krümmung des Königsplatzes an. Das langgestreckte Haus hat in seinem mehr als hundertjährigen Bestehen als Postgebäude verschiedentlich Umbauten erfahren […]. So wurde 1831 der ganze an der Unteren Königsstraße gelegene Flügel abgebrochen“ und durch ein anderes Gebäude ersetzt. 1878 wurde das ganze Gebäude abgebrochen und wurde durch ein aufwendigeres Postgebäude nach dem Geschmack der ,Gründerzeit‘ ersetzt.[3]

„Das alte Postgebäude diente als Postanstalt und Gasthof zugleich. […] Nach der Erbauung des Postgebäudes […] bis ins zweite Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zählte der ,Post-Gasthof‘ zu den renommiertesten Wirtschaften der Stadt. Zu den auswärtigen Gästen, die hier im ,Posthause‘ – oder wie es auch hieß, im ,Gasthof am Königsplatz‘ abstiegen und öfters nächtigten, gehörte kein Geringerer als Goethe, der in den Jahren 1779, 1783, 1792 und 1801 – wahrscheinlich auch noch 1816 […] hier bei der die Wirtschaft führenden Madame Gullon einkehrte.“[4]

Die „Hallen“

„Der Königsplatz konnte bei seiner Anlage anfangs nur auf der nördlichen Hälfte mit massiven Häusern besetzt werden, während die andere Hälfte, die über dem ehemaligen Festungsgraben lag und nur aus aufgeschüttetem, noch sehr lockerem Erdreich bestand, ohne Gefahr nur Holzgebäude zu tragen vermochte. Deshalb entstanden um 1774 hier zwei leichte Holzkonstruktionen, deren jede drei Pavillons mit Läden und ,Gewölben‘ enthielt.“ Sie wurden ,die Hallen‘ genannt. Mit einer langen Lebensdauer wurde offenbar nicht gerechnet. Im unteren Geschoß der Hallen befanden sich ausschließlich Läden. „Als erster richtete – schon 1774 – der ,Engländische Müller‘ Caleb Wood aus Wahlershausen eine Herrschaftliche ,Boutique‘ in der ersten (linken) Halle zum Mehlverkauf ein. Auch eine Seidenfabrik fand sich bald in ihr. Um 1778 u. f. werden eine Putzmacherin Pfeffer, ein Glashändler Heppe, ein ,Peruquier‘ (Perückenmacher), ein Bäcker, ein Juwelier, ein Tanzmeister, ein Töpfer, ein Mundkoch und ein Schankwirt genannt. Auch ein ,Billardeur‘ Bernhard, der zugleich ein ,Pariser Café‘ einführte, hatte hier sein Lokal. 1791 wurde die von Landgraf Wilhelm IX (1743 – 1821) für ,Kinder beiderlei Geschlechts‘ gegründete ,Armenschule‘ in die Hallen verlegt, und seit 1814 war die bekannte Kriegersche Buchhandlung und ein ,Polizei-Büro‘ hier nachzuweisen.“[5]

„Im Jahre 1829 fiel die an der Königsstraße gelegene erste Halle und mit ihr der lange Poststall. Die zweite Halle hingegen [...] hielt sich noch länger als ein halbes Jahrhundert […], bis auch sie im Jahre 1886, baufällig und im Äußeren verwahrlost, der Spitzhacke zum Opfer fiel.“[6]

Palais Hessen-Rotenburg

Links im Bild von Fennel das „Palais der Landgrafen von Hessen-Rotenburg, das der Architekt Chr. Ph. Diede ab 1767 an der Einmündung der Oberen Königsstraße auf den Königsplatz errichtete. […] Seit den 30er Jahren des 19. Jh. hatte hier das kurhessische Gesamtministerium seinen Sitz, und von 1867 – 1882 diente es als Regierungspräsidium. Lange Zeit plante man auf diesem Grundstück ein neues Rathaus für Kassel. Der schöne Bau wurde 1910 abgebrochen, um Platz für ein Bank- und Geschäftshaus zu machen, das der Hessische Bankverein (heute Commerzbank) errichtete. Neben der Bank selbst nahm das Gebäude das Modehaus Wertheim und das Ufa-Theater auf. Dies einst größte Kino Kassels wurde erst 1969 geschlossen. – Die Verbindung des Palais Hessen-Rotenburg mit dem Weißen Palais am Friedrichsplatz stellte ein Palais her, das von Kurfürst Wilhelm II. für seine Geliebte und zweite Gemahlin, die Gräfin Reichenbach, großzügig eingerichtet wurde und später von der Gemahlin des letzten Kurfürsten, der Fürstin von Hanau bewohnt wurde. Diese Tradition führte man im ,Palais-Restaurant' gastronomisch und gesellschaftlich fort bis zur Zerstörung des Hauses 1943.“[7]

Hotel „Deutsches Haus“ bzw. „Schirmer“

Die dem Palais Hessen-Rotenburg „gegenüberliegende Ecke am Königsplatz (Nr. 53)“ – rechts im Bild von Fennel – „beherbergte seit den 40er Jahren des 19. Jh. das Hotel ,Deutsches Haus', das später nach der Betreiberfirma ,Schirmer' genannt wurde.“[8]

Die Mitte des Platzes

Der Zaitenstock

Ursprünglich sollte in der Mitte des Platzes ein Standbild Landgraf Friedrichs I. errichtet werden. Dazu kam es nicht. Statt dessen erhielt die Platzmitte einen Zaitenstock. „Zaitenstöcke waren im alten Kassel wichtige Teile der Wasserversorgung neben den hergebrachten Brunnen. Es waren Endstellen des Röhrensystems, durch das u.a. das Prinzenwasser und das Eichwasser von fernher in die Stadt liefen. An dem massiven Stock […] befand sich die Zaite“, Endstück des Rohres, aus dem das Wasser austrat.[9]

Die Napoleon-Statue

Kosaken auf dem Königsplatz vor dem Zaitenstock, 1813. Von L. S. Ruhl 1814 (Ausschnitt). -- J. A. Huber, Stadtgeschichte Kassel (2012), S. 223.

Während der französischen Fremdherrschaft (1807 – 1813) ließ Jérôme, König des „Königreichs Westphalen“ mit Residenz in Kassel, ein Standbild seines Bruders Napoleon auf dem Königsplatz aufstellen (1812). Als Sockel diente der Zaitenstock. „Daß man Napoleon […] auf eine […] Wasserentnahmestelle plazierte, entlockte einem Kasseler Witzbold die auf Frankreichs glücklose Seekriegsführung anspielende Bemerkung: ‚Der Held ist da nicht in seinem Element, der Mann hat kein Glück auf dem Wasser.‘[10]

„Das Standbild stellte Napoleon als römischen Imperator dar“[11], gehüllt in eine Toga, die bloßen Füße in Sandalen. Alsbald kursierte in Kassel folgendes Spottgedicht:

„Zu Kassel auf dem Zaitenstock
Ohne Hemd und ohne Rock,
Ohne Schuh’ und ohne Hosen
Steht der Kaiser der Franzosen.“[12]

Nach dem Zusammenbruch des Königreichs Westphalen im Herbst 1813 wurde die Napoleon-Statue entfernt.[13]

Um Mitternacht, mein lieber Schatz,
Begib dich nach dem Königsplatz
Und wecke hier mit aller Kraft
Das Echo und die Nachbarschaft.


Karikatur und Text aus „Cassel wird Weltstadt“, 1870. -- Hermsdorff 1992.

Das Königsplatz-Echo

Bald nach der Anlage des Königsplatzes wird von Regnerus Engelhard in seiner „Erdbeschreibung“[14] von 1778 über den Königsplatzes vermerkt, daß „auf demselben nach der oberen Königsstraße hin ein sehr deutliches Echo sich findet, das [sich] bey der Abendstille vier-, auch wohl mehrmals auf das vernehmlichste wiederholet.“[15] Das ehemals berühmte Mehrfachecho ließ sich am besten vom Mittelpunkt des Platzes aus erzielen.

Nach der Entfernung des Napoleon-Standbilds 1813 „hatten die Bürger wieder ihren richtigen Standpunkt, das Herz vom Königsplatz, von welchem aus sie ihr geliebtes Echo aus den umgebenden Straßen hervorlocken konnten“, so die Kasseler Schriftstellerin Jeanette Bramer in der Zeit um 1900[16]. Das dürfte Legende sein, denn nach wie vor stand auf dem Mittelpunkt des Platzes der Zaitenstock – jetzt ohne das Standbild –, der ja offenbar auch früher die Auslösung des Echos nicht behindert hatte. Wie das Königsplatz-Aquarell von Philipp Feidel (Abb. 3) zeigt, stand der Zaitenstock noch 1820, wurde aber später ebenfalls entfernt. Der Mittelpunkt des Platzes wurde durch einen im Pflaster eingelassenen Stein markiert (s. Karikatur von 1870, Abb. 8), der – volkstümlich – „Echostein“ genannt wurde.

„Die 1870 zur Kasseler Industrie-Ausstellung herausgebrachte satyrische [!] Zeitschrift ,Cassel wird Weltstadt‘ zeigt in einer Karikatur zwei Echorufer am Echostein [s. Abb. 8]. Sie weiß dazu zu berichten, daß preußische Soldaten anstelle des Echosteins einen Fahnenmast tief in den Platz eingruben und damit das Echo vorübergehend töteten. – Endgültig verschwand das Echo, als 1877 die Dampftram (Vorgänger der Straßenbahn) hier ihre Gleise verlegte […]. Der erst in jenen Jahren sich auf dem Platz entwickelnde Markt trug ebenfalls dazu bei, daß eine alte Attraktion Kassels unterging: Das Echo auf dem Königsplatz.“[17]

Quellen

  • Hermsdorff, Wolfgang: Zaitenstock als Sockel für Napoleon. Der Kaiser der Franzosen auf dem Königsplatz – Debkmaltorso landet im Hessischen Landesmuseum. Ein Blick zurück Nr. 516. Hess. Allgemeine v. 2. 12. 1972.
  • Hermsdorff, Wolfgang: Jeanette Bramer: Der Echostein des Platzes Herz. Ein Blick zurück Nr. 1395. Hess. Allgemeine v. 29. 8. 1992.
  • Wegner, Karl-Hermann: Bilder aus dem alten Kassel. Gemälde und Graphiken 1870 – 1940. Quellen und Perspektiven zur Entwicklung Kassels, Bd. 4. Hrsg. Verein Freunde des Stadtmuseums e.V. Kassel 1995.

Querverweise

Netzverweise

Anmerkungen

  1. Hermsdorff 1972.
  2. Metz 1961, S. 97.
  3. Metz 1961, S. 97.
  4. Metz 1961, S. 98.
  5. Metz 1961, S. 98 f.
  6. Metz 1961, S. 99.
  7. Wegner 1995, S. 76.
  8. Wegner 1995, S. 76.
  9. Hermsdorff 1972.
  10. Hermsdorff 1972.
  11. Hermsdorff 1972.
  12. Hermsdorff 1972.
  13. „Die Napoleonsfigur lagerte zeitweise im Materialhaus in der Schäfergasse, dann jahrelang im Treppenhaus des Museum Fridericianum“, später im Landesmuseum, dann im Landgrafenmuseum (Jérôme-Zimmer). „Inwischen hat der Napoleon wieder eine Bleibe im Landesmuseum gefunden.“ (Hermsdorff 1972)
  14. Erdbeschreibung der hessischen Lande kasselischen Antheils mit Anmerkungen aus der Geschichte und aus Urkunden erläutert. 2 Teile. Kassel 1778 (posthum). – Regnerus Engelhard, * Kassel 1717, † Kassel 1777, hessischer Beamter, Autor und Topograph.
  15. Zit. bei Hermsdorff 1992.
  16. Zit. nach Hermsdorff 1992. – Jeanette Bramer, * Kassel 1845, † Kassel 1922.
  17. Hermsdorff 1992.

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