Heinrich Jonas

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Heinrich Jonas, * 21. März 1840 in Kassel, † 31.Dezember 1905 in Kassel, Lithograph und Mundartdichter.

Heinrich Jonas

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Heinrich Jonas „entstammte der Kasseler Altstadt. Sein Vater, Sohn eines Kasseler Horndrechslermeisters, war Steindrucker und Lithograph. Am 21. März 1840 wurde diesem im Hause Obere Schäfergassen 13 sein Sohn Heinrich geboren, der nach dem frühen Tod des Vaters im Lutherischen Waisenhaus, das sich damals noch in der Obersten Gasse 29 (später Gasthaus Zum heiligen Geist) befand, erzogen wurde und sich dem Beruf des Vaters zuwandte. Eine Freistelle ermöglichte dem begabten Knaben den Besuch der Kasseler Akademie. Nach der Konfirmation wurde er Lehrling in der in ganz Deutschland bekannten lithographischen Kunstanstalt von Theodor Fischer, der er 40 Jahre lang hindurch bis zu ihrem Erlöschen als ganz hervorragender Zeichenlithograph angehörte, um dann noch einige Jahre als selbständiger Lithograph zu wirken.“ Er „starb am Silvesterabend 1905 (Kölnische Straße 15).“[1]

Jonas als Mundartdichter

„Nach des Tages Arbeit saß er gern an seinem mächtigen Schreibtisch, den er sich aus dem Holz des alten Martinsturmes hatte schnitzen lassen, und schrieb allerlei Erlebtes und Lustiges in Vers und Prosa nieder. Er begnügte sich aber damit, seine dichterischen Erzeugnisse im kleinen Kreis der Schmetzen vorzutragen, die ihren Stammtisch in den späteren Bürgersälen (Obere Karlstraße) hatten, und es bedurfte jahrelangen Zuredens, bis er sich, etwa seit 1878, zu anonymen Veröffentlichungen in der Tagespresse entschloß. So erschien u. a. 1879 in der Casseler Tagespost seine köstliche Geschichte von der Säkularfeier des Kasseler Lyzeums [...]. Erst Jahrzehnte später bestimmte ihn das Drängen seiner Freunde, seine Fimf Geschichderchen vun Kasselänern, die de in der Wulle gefärwed sin (1899 [...]) herauszugeben, Erzählungen, die unser Zwerchfell erschüttern und uns gleichzeitig Tränen in die Augen pressen. Sie alle zeigen, ein wie feiner Beobachter und Menschenkenner der Verfasser dieser Geschichten war, sie zeigen aber auch sein Bemühen, die geliebte Mundart in größter Reinheit zum Ausdruck zu bringen. Wie [Hartmann] Herzog hat auch Jonas wirklich noch in der Mundart gedacht und gelebt. Sein in gebundener Sprache geschriebener und unzählige Male vorgetragener Gerewwener Bechfist und das von Johann Lewalter vertonte O Mensch, dhu Dinne Augen uff, das die schlichte Lebensphilosophie des Verfassers entwickelt, wurden im ersten Band [des] literarischen Jahrbuchs Hessische Heimat (1902) veröffentlicht. Ein größeres mundartliches Gedicht Pingesten findet sich im Hessenland 1904.“[2]

Fimf Geschichderchen 1899

Würdigung

„Heinrich Jonas [...] gilt vielen als der echteste und deshalb bedeutendste Kasseler Mundartdichter. ,Ihm ist die Sprache untrennbar vom Stoff', schrieb Heidelbach.“[3] „Wer Gedichte und Erzählungen schreibt, der darf sich Schriftsteller nennen. ,Dichter' ist hingegen ein Ehrentitel, den andere verleihen, und zu Recht wird sparsam damit umgegangen. Wenn unter den Kasseler Mundartschriftstellern einer diesen Ehrentitel verdient, so ist es Heinrich Jonas“.[4]

Jonas über die Kasseler Mundart

Jonas schreibt im Vorwort zu seinen Fimf Geschichderchen 1899: „In unserer Zeit der allgemeinen Gleichmacherei, wo alles Volksthümliche und Individuelle mehr und mehr verschwindet, bis sich zuletzt alles zu einer breiten, eintönigen Langweiligkeit umgebildet hat, ist auch unsere heimische Mundart in rapidem Niedergange begriffen; und eben das, die Pietät gegen unser liebes, altes Kasselisch bestimmte mich, dem Wunsche zur nochmaligen Herausgabe der in diesem Bändchen vereinigten, in einigen Theilen etwas revidirten Stücke nachzukommen. - Gegenwärtig haben nur noch Kasselaner von hohem Alter bis etwa auf 60 Lebensjahre herab dieses Idiom in ihrer Kindheit und Jugendzeit gesprochen oder in ihrer Umgebung rein sprechen hören, während es den später Geborenen mehr nur als Citirtes und dem Humor Entspringendes aus alter Leute Mund nahe tritt. Es so, wie es bis Ende der fünfziger Jahre noch allgemein im Gebrauch war, wiederzugeben und es von allem Fremdartigen, Verbauerten und Verrohten fern zu halten, war mein Bestreben. Sollten die geneigten Leser, besonders die älteren Kasselaner finden, daß dies leidlich erreicht wurde, dann ist es mir angenehme Pflicht, an dieser Stelle auch mit rechtem Danke der schätzbaren Unterstützung zu gedenken, die mir durch Herrn Sprachlehrer August Grassow mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit zu Theil wurde, dessen Tradition auf diesem Gebiet weiter unnd schärfer zurückreicht, als die meinige, und welcher sich speziell mit der Abfassung einer 'Gramähre der Ahleneistädtischen Sprooche' beschäftigt.“[5]

Publikationen

  • Aus dem Festjubel der Säkularfeier des Lyceum Fridericianum. Von einem Zauncorrespondenten der "Tagespost" [anonym]. Kassel 1879. Aus: Casseler Tagespost Nr. 6002 u. 6004, 1879. - Neuaufl. unter dem Titel Aus dem Festjubel der Hundertjahrfeier des Kasseler "Lyceum Fridericianum". Erzählung in Kasseler Mundart. Kassel [1908].
Der Kurferschd un das ahle Wibb us Zwehren
  • Fimf Geschichderchen vun Kasseläneren[6], die de in der Wulle gefärwed sin. Kassel 1899, 2. Aufl. 1904, 3. Aufl. 1920; illustr. Ausg. Kassel 1982.
    Enthält: [1.] Vergniegde Christdage. [2.] Brohst Neijohr. [3.] Instinkt oder Iwwerlegunge. [4.] En Bollerowend. [5.] D'm Christel Fuchs sinn erschder Schatz. - Der Buchumschlag hat den verkürzten Titel Kasseläner Geschichderchen.
  • Wilhelmshöhe. Sonette. Mit Nachwort und Anmerkungen von Horst Hamecher. Kassel: Hamecher 1987. 34. S. - Enthält 16 hochdeutsch geschriebene, bisher unveröffentlichte Sonette. Ausgabe in 200 handschriftlich numerierten Exemplaren.
  • Der Kurferschd un das ahle Wibb us Zwehren un annere Geschichderchen un Gedichderchen in Kasseler Mundart. Hrsg. v. Horst Hamecher. Mit 1 Porträt u. 12 Illustrationen (v. Walter Schwabe). Kassel: Hamecher 1992. - Vom Herausgeber versehen mit Wörterverzeichnis, Anmerkungen, Namensverzeichnis, Literaturverzeichnis, Nachwort.
    Enthält folgende Vers- und Prosatexte: [1.] Oh Mensch, dhu dinne Augen uff. [2.] Pingesten. [3.] Aus dem Festjubel der Säkularfeier des Lyceum Fridericianum. [4.] "D'r Goddlieb, der hodd usgepeffen" oder: D'm ahlen Nachdwächder Goddlieb Binnebiedel sin Rissenand vun wegen d'r neien Verordenunge. wonoh se (sä, unze Nachdwächder nämelich) inskimfdige nidd mehr rufen un nidd mehr piffen sun. [5.] En närr'sches Gedhierze. 'ne kleine Schnurre zu unzem Neijohrschkuchen. [6.] Wie d' Schursche Hackenbacken emo' en Schnellaifer geworr'n es. [7.] Der Kurferschd un das ahle Wibb us Zwehren. [8.] Der gerewwene Bechfist. [9.] Wie sä 's verstehd. [10.] An min liewes Middernachdsconvievchen in der Freien Fedder. - In diesem Band S. 112 ff. die Nachweise der Erstveröffentlichung der einzelnen Texte.

Literatur

  • Guth, Werner: Heinrich Jonas. In: Der Mundart-Kurier 1, 2004, S. 11.
  • Hamecher, Holger: Bibliographie der selbständigen Veröffentlichungen Kasseler Mundartliteratur. In: Zeitschr. d. Vereins f. hess. Geschichte u. Landeskunde Bd. 101, 1996, S. 159 ff.; hier: S. 167 f.
  • Heidelbach, Paul: Klassiker - Der Klassiker der Kasseler Mundart. Zum 100. Geburtstag v. Heinrich Jonas. In: Kasseler Post Jg. 58, Nr. 80, (21. März) 1940.
  • Heidelbach, Paul: Heinrich Jonas (1840 - 1905). Lithograph, Mundartdichter. In: Lebensbilder aus Kurhessen und Waldeck Bd. 2. Marburg 1940, S. 217 - 219.
  • Heidelbach, Paul: Kasseler Mundartdichter. In: August Grassow: Wörterbuch der Kasseler Mundart. Hrsg. u. erw. v. Paul Heidelbach. Kassel 1952. S. 6 ff.
  • Hermsdorff, Wolfgang: "Unnen in der Fliegengasse". Sprache und Stoff bei Heinrich Jonas untrennbar verbunden. (Kasseler Deutsch und seine Dichter 9.) In: Hess. Allgemeine v. 11. 1. 1969.

Querverweise

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Heidelbach 1952, S. 8.
  2. Heidelbach 1952, S. 8.
  3. Hermsdorff 1969.
  4. Guth 2004, S. 11.
  5. Jonas 1899, S. III - V.
  6. Die Form Kasseläneren gegenüber heutigem Kasselänern erklärt sich mit einiger Gewißheit dadurch, daß im Kasselänschen früher (wohl bis ins 19. Jahrhundert) das r als Zungen-r ausgesprochen wurde; insofern konnte die Lautverbindung -rn als silbisch aufgefaßt und -ren geschrieben werden. Dieselbe Notationsweise findet sich auch bei August Grassow. - Daß das Zungen-r zugunsten des Zäpfchen-r im Niederhessischen im 19. Jahrhundert auf dem Rückzug war, ist zeitgenössisch belegt. Die Tendenz hält heutzutage noch an.
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